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Montag, 16. Februar 2015

Glücksspielautomaten | Recherche | lunatiks produktion

(Hamburg) Beim Eintritt bekam jeder 10 Jetons in die Hand gedrückt und wurde aufgefordert am Roulett Platz zu nehmen. „Machen Sie Ihren Einsatz!“ Diese Aufforderung trifft den Nagel auf den Kopf. Beim Roulett werden zwar ca. 96% der Einsätze wieder ausgespielt, aber nur an die Gewinner. Glücksspiel ist vor allem der Verlust, für die wenigen, die mit Gewinn nach Hause gehen. Also wie im richtigen Leben auch. Wie viele Looser müssen sich ausbeuten lassen, damit ein Industrieller/Banker/Manager mit nem A4 zur Maniküre chauffiert werden kann. Aber nein, das ist kein Glücksspiel, das ist wirtschaften. Beim Glücksspiel sind die Gewinnchancen eben nicht geregelt, sondern staatlich überwacht und besteuert. Hm? - seltsame Welt?!

Das Berliner Theaterkollektiv lunatiks produktion entwickelt Theaterprojekte die als Forschungsarbeit mit Mitteln des Theaters zu verstehen sind. Bei der aktuellen Arbeit „Automaten - Late Night“ geht es um Recherche rund ums Glücksspiel. Die Mitwirkenden: Gesine Lenz, Janette Mickan, Hanna Müller, Michael Müller, Christine Rollar u.a. Sind schon seit einiger Zeit damit beschäftigt alles über das Thema zu erfahren. Sie haben z.B. ca. 40 Interviews mit Spielern, Politikern, Wissenschaftlern, Betreibern, Gescheiterten, und und und geführt. Diese Interviews wurden akustisch aufgezeichnet, anonymisiert, transkribiert, und füllen nun hunderte Seiten. Weitere Recherchen, aus Gesetzen, Literatur etc. kommen dazu. Aus dieser gigantischen Datensammlung filtert Janette Mickan die Sachen heraus die für eine Textfassung wertvoll sind. In den kommenden Wochen schreibt sie nun ein Manuskript, das als spielfähige Vorlage für die Proben dient. Damit es nicht zu einer drögen Informationsflut wird, forschen sie auch wie das Thema fürs Publikum zum Erlebnis wird. Dafür diente z.B. der letzte Samstag Abend im Lichthof Theater.

Die Casino Atmosphäre war schnell hergestellt. Ruckzuck ging es an den Spieltisch. Der Croupier sorgt dafür dass keine Pausen entstehen. Schnell ist gesetzt und schell ist das Spiel vorüber. Verluste einstreichen und Gewinne auszahlen, und zack! das neue Spiel. Nach einigen Runden ein Klingelzeichen. Jetzt kann man sich für einige Chips eine Information kaufen, sich eine Lesung wünschen, oder wer eine persönliches Erlebnis zum besten gibt, bekommt dafür sogar ein paar Jetons. Die Informationen, sachlich vorgetragen, zeigen überraschende Wahrheiten. Wie hoch die Steuereinnahmen mit Glücksspiel sind, oder warum Automaten, wie sie z.B. in Kneipen an den Wänden hängen, nicht zum Glücksspiel gerechnet werden. Oder man erfährt wie viele Spielsüchtige auf einen Suchtberater kommen - nicht grad wenige. Kauft man eine Lesung, dann bekommt man Einblick in die Denkweise der Spieler wie Dostojewski z.B. einer war, aber auch von weniger bekannten Menschen.


Nach diesen kleinen Unterbrechungen ging es dann weiter am Roulett. Und nachdem wir ungefähr anderthalb Stunden gespielt hatten, war die Bank weder pleite noch hatte sie alle Einsätze eingestrichen. Die Statistik, da waren sich alle einige, traf zu. Man darf nun gespannt sein wie die lunatiks aus dem Meer der Infos ein Stück Theater machen. Am 5. Juni ist dann Premiere im Lichthof Theater. Noch kann man sich mit einer persönlichen Geschichte beteiligen. Wer also Erlebnisse mit Spielautomaten hat kann sich gerne bei Janette Mickan melden.

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