Inh. Friedo Stucke, Kastanienbogen 8 in 21776 Wanna  eigene.werte@t-online.de

Samstag, 29. November 2014

Sieben Frauen sehen Männer

(Bremerhaven) Der immer währende Geschlechterkampf bekommt eine ganz andere Note in der Ausstellung „frauen sehen männer“ die derzeit in der Galerie auf Zeit in der Schillerstraße 35 zu sehen ist. Es ist keine Abrechnung des „schwachen“ Geschlechts, kein abfälliger Beitrag verzickter Girlies, keine Bedrohung von toughen Emanzen, sondern es ist die künstlerische Annäherung einer hochinteressanten Fragestellung.
Eisenskulptur - Hilke Leu
Die sieben Frauen/Künstlerinnen haben sich auf Initiative von Sandra Jakobs im Verlauf eines Jahres mehrfach getroffen uns sich darüber ausgetauscht wie Frauen Männer sehen, haben darüber diskutiert, sich gegenseitig inspiriert, Ansichten geklärt, recherchiert und schließlich eine ansehnliche Sammlung Arbeiten zum Thema geschaffen. Es entstand ein weites Spektrum von Malerei, Druckgrafik, Fotografie, Skulptur, Zeichnung bis Installation mit denen Karin Froehling, Sandra Jakobs, Sandra Juras, Hilke Leu, Silke Mohrhoff, Margitta Sündermann und Conny Wischhusen Stellung nahmen. Eine gute Beobachtung männlicher Gestik findet man in den Eisenskulpturen und Drucken von Hilke Leu, eine Anspielung auf die Genesis in der Fotografie von Sandra Juras, die Tatsache das Männer einfach da sind in der Sound-Installation von Conny Wischhusen und viele andere Positionen in den Arbeiten der anderen Künstlerinnen.
Man fühlt sich eingeladen über das Männerbild dieser Frauen zu reflektieren, und vor allem reizt es, sich als Mann einen Spiegel vorzuhalten, um ein Bild von sich zu entdecken das man nicht selber produzierte. (Natürlich nur wenn keiner guckt, schließlich sind Männer nicht eitel. Das wusste schon Kurt Tucholsky über seine Geschlechtsgenossen zu sagen.) Vielleicht gibt das den einen oder anderen Denkanstoss die Verschiedenheit von Mann und Frau zu überbrücken, vielleicht ist es so etwas wie ein Blick hinter die Kulissen der im Spannungsverhältnis einer Beziehung oder Ehe nicht möglich ist. In jedem Fall ist es eine sehenswerte Ausstellung die Mann (und Frau) nicht versäumen dürfte.
Die Ausstellung kann noch bis zum 20.12.2014 besucht werden in der Zeit Mi. - Sa. jeweils von 15:00 bis 18:00. Der Eintritt ist frei. Zur Ausstellung ist ein limitierter Katalog erschienen, der in der Ausstellung für 7,50€ erhältlich ist.

Mittwoch, 26. November 2014

Groteskes Endspiel in der ökologischen Katastrophe

(Hannover) In der Eisfabrik spielt die COMMEDIA FUTURA ein multimediales Tanztheater. In einer futuristischen Situation müssen sich die Protagonisten „Im freien Fall“ mit ihrer speziellen Sozialisation herumschlagen.
Wir befinden uns im freien Fall. So wie wir leben, können wir nicht weitermachen, das wissen im Grunde alle. Doch allein die schiere Masse der Menschen macht es schwierig wenn nicht unmöglich, Auswege aus der drohenden ökologischen Katastrophe zu finden.

Die neue Produktion von COMMEDIA FUTURA ist in einer Zeit angesiedelt, in der die Katastrophe bereits eingetreten ist. Die glücklicheren unter den Menschen – wie immer reich nicht nur an Geld, sondern auch mit den richtigen Beziehungen – haben sich in sogenannte Kapselstädte zurückgezogen, in denen ein künstliches Klima für annehmbare Lebensverhältnisse sorgt. Unter Ihnen auch die fünf Protagonisten. Doch auf dem Weg zur Einweihung einer neuen Kapselstadt stürzt ihr Luftschiff ab…

Wolfgang A. Piontek lässt seine Truppe hart aufschlagen in einer Wirklichkeit, in der Überlebens-Strategien gefragt sind, miteinander, gegeneinander. Es entsteht ein groteskes Endspiel. Die eigenwilligen, extrem zugespitzten Charaktere entfalten sich in einem  Szenario, das Tanz und Theater ebenso nutzt, wie Video-Projektionen und einen eigens von Christof Littmann komponierten Soundtrack.

Die nächsten Aufführungen sind am 28./29. Nov. 2014. Weitere Informationen auf der Homepage der COMMEDIA FUTURA

Dienstag, 25. November 2014

Drei Schwester von Anton Tschechow

(Wilhelmshaven) Am 22.11.2014 hatte die Landesbühne Niedersachsen Premiere mit Tschechows Klassiker „Drei Schwestern in der Inszenierung von Eva Lange. Textfassung von Ulrike Zemme.

Robert Oschmann, Anna Rauch und Wolfgang Finck
Nach Moskau!
Leben in einer kleinen Provinzstadt, in der es nichts gibt außer einem Regiment – und am ende ist auch dieses fort. nach dem Tod ihres Vaters träumen die drei Schwestern Olga, Mascha und Irina von einem anregend erfüllten Leben in Moskau, wo sie aufgewachsen sind und wo sie eigentlich hingehören, wie sie finden. Während Olga, Lehrerin am Gymnasium, das Schicksal einer ewig Ungeküssten droht, liebt die mit dem langweiligen Gymnasiallehrer Kulygin verheiratete Mascha den ebenfalls unglücklich verheirateten Oberstleutnant Werschinin und Irina gibt sich romantischen Vorstellungen von Arbeit hin. Doch nachdem ihr Bruder Andrej eine kleinbürgerliche ehe mit der aus dem Ort stammenden Natalja eingeht, die zunehmend bestimmter die Führung im familiären Haushalt übernimmt und die Schwestern nach und nach aus dem Elternhaus vertreibt, wird klar, dass Moskau der unerreichbare Sehnsuchtsort bleiben wird, der er von Beginn an war.

Anton Tschechows DREI SCHWESTERN ist ein spannungsreiches Geflecht von unausgesprochenen Erwartungen und unmöglicher Liebe. Darin liegt Traurigkeit und Komik zugleich. Stanislawski berichtete von den Proben zur Uraufführung am Moskauer Künstlertheater: „Es zeigte sich, dass die Menschen Tschechows ganz und gar nicht nur Schwermut und Langeweile mit sich herumschleppen, im Gegenteil, es sind Menschen, die Fröhlichkeit, Lachen und Munterkeit suchen, die Leben wollen, nicht nur vegetieren.“
Weitere Termine und Infos siehe Homepage

Montag, 24. November 2014

Fische und Landschaften im Künstlerhaus Cuxhaven

(Cuxhaven) Vor dem Schloss Ritzebüttel wird der Weihnachtsmarkt aufgebaut. Buden werden zusammen gezimmert, dutzende Kübel sind mit festlich roter Plastikfolie umwickelt, und Berge von Rindenmulch werden um die Buden herum verteilt. Ich zwänge mich an den Lastwagen vorbei, steige über Kabel und Wasserschläuche um ins Künstlerhaus zu gelangen. Das Künstlerhaus beherbergt im Erdgeschoss die Tourist-Info. Im Obergeschoss sind mehrere Räume die als Wohnung und Atelier für KünstlerInnen vorgesehen sind. Seit September sind Beatrice Richter und Anja Warzecha in den Ateliers am arbeiten. Die Cuxhavener Bürger hatten schon am ersten November Wochenende die Gelegenheit bei einem Rundgang die Künstlerinnen kennenzulernen. Im Dezember endet ihr Aufenthalt im Künstlerhaus mit einer Ausstellung vom 7. 12. bis zum 13. 12.
Beatrice Richter, geboren in Recklinghausen, studiert seit 2010 an der Kunstakademie in Düsseldorf. Im nächsten Jahr kann sie dort ihre Studien abschließen. Derzeit arbeitet sie mit Herbert Brandl, von dessen passionierte Art sie respektvoll spricht. Richter ist eine konkrete, junge Frau die mit ihrer Arbeit verwachsen ist. Ihr Atelier ist mit Folie am Boden ausgelegt, weil es zur Sache geht wenn sie mit Tusche ganze Stapel von Drucken anfertigt. „Es muss schnell gehen“ sagt sie. Und das bezieht sie nicht nur auf die Umstände die das Material von ihr verlangt, es trifft auch auf ihre hingebungsvolle, konzentrierte Arbeitsweise zu. Bei 13 Ausstellungsbeteiligungen in drei Studienjahren kann man wohl von einer umtriebigen Künstlerin sprechen.
Beatrice Richter - Tusche Papier Grafit
Obwohl sie sich als ein Großstadtmensch bezeichnet, ist sie froh hier in Cuxhaven zu sein. In Düsseldorf und im Studierbetrieb wird man von vielen Dingen abgelenkt, sagt sie. Ihr Terminkalender ist schnell gefüllt mit interessanten Ausstellungseröffnungen. Und in der Akademie gibt es auch viele Gelegenheiten die einer intensiven Arbeit entgegenlaufen. Im Künstlerhaus arbeitet sie jetzt mit Anja Warzecha von 8:00 morgens bis 23:00 in der Nacht. Beiden gefällt es von allem alltäglichen abgeschieden zu sein und sich ganz und gar in die Arbeit zu vertiefen. Wenn man sich stunden- ja tagelang mit der Sache beschäftigt, kommt man an ganz andere Grenzen und überschreitet sie. Beide sagen, dass diese intensive Zeit eine Wandlung in ihrem Schaffen ermöglicht hat.
Beatrice Richter, die zuerst mit großen Leinwandformaten begann, wechselte schon bald auf eine andere Technik die sie in Düsseldorf zwar schon mal begonnen hatte, aber noch nicht ausgereift praktizierte. Es handelt sich dabei um „Tuschedrucke“ die sie mit Grafitstifte weiter bearbeitet. Sie begann mit
Beatrice Richter - Detail (Tusche Papier Grafit)
kleinen Formaten, ca. 20/20cm, später folgten dann 50/50, 70/70 und es sollen noch 100/100cm dazu kommen. Sie bringt die flüssige Tusche auf ein Blatt und nimmt mit einem weiteren Blatt einen Abdruck davon. In dieser Weise druckt sie ganze Serien bis zu 50 Expl. Nachdem die Blätter getrocknet sind, geht sie mit dem Grafitstift hinein und schafft kontrastierende nahezu lasierende Flächen. Durch diese Kontraste beginnt die Farbigkeit der Tusche kräftiger zu leuchten. Die Motive mögen für den fantasiereichen Betrachter etwas fischiges haben, vielleicht auch mal einem Vogel ähnlich sein. Man glaubt Gräten, Gerippe, Flossen und Augen zu erkennen. Jedenfalls gibt es viel zu entdecken in den Bildern. Einige Bilder haben etwas so haptisches oder auch Geruch intensives, dass man ins Zweifeln gerät; der fish & ships Frittenbudengeruch kommt entweder von der Strasse oder beruht auf Imagination die vom Bild ausgeht.
Sowohl Beatrice Richter als auch Anja Warzecha beschreiben den Aufenthalt seit September als eine wertvolle Zeit für ihre Kunst. Warzecha ist in Bochum geboren und kommt aus Halle in die Hafenstadt. Sie hat im Januar ihr Diplom erhalten und steht nun im brotlosen Künstlerleben. Teil der Selbstständigkeit ist es sich immer umzuschauen wo man Förderungen bekommt, an welchen Projekten man beteiligt werden kann (oder welche man selbst initiiert), wo man Aufträge bekommt, Ausstellungen-Galerien-Ausstellungen-Galerie… Anja Warzecha verbringt mindestens zwei Tage pro Woche mit Marketing Angelegenheiten. In erster Linie ist Künstler ein Beruf wie jeder andere. Ob man am Fließband steht, an der Supermarktkasse sitzt oder Kunstwerke schafft, ist für sie mehr oder weniger eine Kategorie. Es ist ein Markt der gefunden und erfüllt werden muss. Diese, in gewisser Weise bodenständige Betrachtung (oder Entmystifizierung) hindert sie aber nicht daran, mehr als nur eine das Handwerk-beherrschende-Künstlerin zu sein. Ihre Bilder geben den Eindruck, als würde sie sehr mutig versuchen weit über die Grenzen zu gehen, bereit mit dem möglichen Scheitern Hand in Hand ins nichts zu laufen. Ihre Arbeiten fordern Respekt, hält sie doch die äußerst schwierige Waage zwischen intuitiv in neue Gestade aufzubrechen und den Weg dahin mit klarer nachvollziehbarer Struktur zu pflastern.
Anja Warzecha - versch. Farben auf Leinwand
Auch Warzecha hat mit kleinen Formaten begonnen. Sie arbeitet auf Rahmen und Leinwand, welche sie komplett selber herstellt. Dadurch kann sie die Formate genau so wählen wie sie sie haben will. Ihre Arbeitsweise ist als würde man einen Satz schreiben, bei dem man nicht den Inhalt kennt. Man fügt Wort an Wort bis das gesamte grammatische Gebilde eine sinnvolle Einheit bildet. „Das Idealbild wäre von 0 auf 100, ohne dass man etwas zurücknimmt oder übermalt“sagt sie. Doch sie beginnt mit etwas wie einen ersten Impuls der die alle Möglichkeiten in sich bergende weisse Fläche der Leinwand durchbricht, und beginnt dann durch hinzufügen und überdecken von Strukturen und Flächen etwas entstehen zu lassen. Sie plant nicht das Bild und malt es dann, sondern tastet sich Schicht um Schicht an etwas heran. Dabei wirken die Motive als würden mehrere Zeit- Erinnerungs- und Abbildungsebenen übereinander, nebeneinander und durcheinander verwoben. Was ich hier mit spröden, vielleicht sogar umständlichen, Umschreibungen in Worte zu fassen versuche, entspringt einer sehr komplexen oder/und klaren Bildvielfalt.
Anja Warzecha hat von 2008 bis 2014 in Halle bei Prof. Ute Pleuger studiert. 2012 machte sie ein Auslandssemester in Kathmandu (Nepal). Sie wurde bereits mit vier Stipendien ausgezeichnet und hat allein in diesem Jahr auf vier Ausstellungen ausgestellt. Neben der Malerei arbeitet sie auch mit Installationen die z.B. Teil ihrer Diplomarbeit waren.

Die große Anzahl der seit September entstandenen Arbeiten von Beatrice Richter und Anja Warzecha werden vom 07.12.2014 bis 13.12.2014 in den Atelierräumen im Künstlerhaus über der Tourist-Info am Schloss Ritzebüttel zu sehen sein. Es lohnt sich den Weihnachtsmarkt für einige Momente den Rücken zu kehren, um sich mit diesen beiden Künstlerinnen zu beschäftigen.

Freitag, 21. November 2014

Kopierte Gemälde und halbfertige Möbel

Jochen Plogsties und Heimo Zobernig im alten Goseriede Bad. 


Die  Kestnergesellschaft stellt zwei Künstler mit beachtenswerten Positionen aus: Skulpturen und Malerei von Heimo Zobernig, und Jochen Plogsties´ Malerei. Bei beiden Künstlern empfiehlt es sich die Hintergründe ihrer Arbeiten aufmerksam zu erkunden. Beide Ausstellungen sind von 21. November  2014 bis 15. Februar 2015 geöffnet.

Jochen Plogsties - Souvenier du Maroc
Mit dem Titel „Küsse am Nachmittag“ werden Gemälde von Jochen Plogsties gezeigt. Es handelt sich um Kopien. Der „Kopierbegriff ist in den letzten Jahren in Verruf gekommen“ sagt Plogsties. Aber es wurden schon immer Bilder kopiert um die Werke zu untersuchen und zu studieren. Seine Bilder sind von sehr unterschiedlichem Format.  Die Bildvorlagen stammen aus Bildbänden und Zeitungen, er findet sie auf Postkarten oder im Internet.  Alle seine Bilder sind Reproduktionen, und somit keine Fälschungen. Schon allein der Größenunterschied zum vermeintlichen Original ist extrem. Um die Herkunft zu dokumentieren sind neben den Motiven weisse bzw. farbige Flächen wie z.B. Bildumrahmungen bei einer Buchseite. Die Bildvorlagen sind auch nicht zwangsläufig die Originalen Werke, wie
Jochen Plogsties - Gewandstudie
beispielsweise bei der Mona Lisa, welches im Original viel größer ist. Da er die Bildstruktur im Verhältnis auf das neue Bildformat überträgt, könnte man glauben das jeweilige Original zu sehen. Aber es handelt sich um Reproduktionen bei denen sich Plogsties mit der Struktur des Bildaufbaus beschäftigt hat. Die Größe, die Farbgebung und den Maluntergrund ändert er. Als Maler interessiert ihn vor allem was er mit der Farbgebung schaffen kann. Die ursprüngliche Entscheidung Da Vincis bei der Mona Lisa kann er eh nicht nachvollziehen, und das ist auch nicht sein Anspruch. Im Gegensatz zur mechanisch produzierten Kopie leistet er einen subjektiv geprägten Prozess von Aneignung, Adaption und Abstraktion, der in seinen Bildern mal subtil, mal offenkundig entsteht. Plogsties thematisiert mit diesen Arbeiten das Originalitätsdogma und die damit verknüpfte Frage nach Autorschaft, Stil und Authentizität. Ausserdem reflektiert seine Arbeitsweise die neuen Möglichkeiten der Produktion, Rezeption und Distribution von Kunstwerken.

Heimo Zobernig


In der oberen Etage kommt man in ein - was? Ein Gebrauchtmöbellager? In drei Reihen sind die Skulpturen aufgestellt. Beim schwarzen Tisch beginnend kann man die Entstehungsgeschichte der einzelnen Arbeiten folgen. Skulpturen? Eine Skulptur z.B. ist ein aus drei Presspanplatten rechtwinklig zusammengeschraubtes - Ding, teilweise mit weisser Binderfarbe angestrichen. Zobernig will keine schönen Arbeiten. Doch um nicht schön zu machen muss man nicht hässlich herstellen. Es reicht die sentimentalen Schnörkel wegzulassen, es genügt die Fantasie ohne Nahrung zurückzulassen, oder einfach sachlich zu sein. Und darin ist er ein Meister. 


Heimo Zobernig - Skulpturen Kestnergesellschaft
Seit dem letzten Jahrhundert hat es sich in der Kunst geändert, dass nicht allein der Künstler bestimmt was Kunst ist, sondern der Betrachter tut es gleichfalls. Es trifft nicht länger Subjekt auf Objekt, sondern Subjekt trifft auf Subjekt. Der Rezipient ist durch sein Schauen auf Augenhöhe. Es entsteht, die vielleicht edelste künstlerische Tugend, die der Konfrontation, und im günstigsten Fall der Konfrontation mit sich selbst, dem Subjekt hier wie da. Die Skulpturen haben nichts belehrendes, sind vielmehr geistvoll gestaltete Objekte die eine klare Form ergeben. Da ist z.B. der Infotresen der als Teil einer Raumgestaltung auf der dokumenta X stand. Wenn man ihn genau betrachtet kann man zu dem Schluss kommen, dass die Nutzung diese Skulptur zur Weitergabe von Informationen dient. Es ist ein Gegenstand, der erst durch das zutun des Betrachters einen Nutzwert bekommt. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, ob die Skulptur in dieser Austellung gezeigt wird, oder für eine entsprechende Nutzung auf der dokumenta X bereitgestellt wurde. Man muss ein bisschen tiefer in seiner eigenen Gedankenwelt graben, und sich von evtl. Vorurteilen, oder gar zu schnellen Schlüssen, verabschieden, um den zart verschmitzen Humor Zobernigs zu genießen.

Die Arbeiten zeichnen sich einmal durch die reduzierte Schlichheit und zum anderen durch die subtile Verschiebung der Wertigkeit aus. Die Abwesenheit von gängigen Schönheitsvorstellungen bekommt Ästhetik einer respektvoll, würdigen Fügung von Bauteilen. Man fühlt sich eingeladen an dem Entstehungsprozess teilzuhaben. Man ist auch aufgefordert hellwach und mit klarem Geist zu schauen, um die gebotene Konfrontation anzunehmen. 

Heimo Zobernig - ohne Titel 2014 Acryl auf Leinwand
Parallel zu seinen Skulpturen untersucht Zobernig in seinen meist quadratischen Gemälden Grundfiguren abstrakter Malerei: die Monochromie, das Raster und das Gestische. Während das Raster als rationales Schema immer schon im Zentrum von Zobernigs Interesse stand, taucht erst seit kurzem ein gestisches Vokabular in seinen Bildern auf. Er kombiniert Raster mit komplexen Anordnungen aus freien Linien, amorphen Strukturen und scheinbar unkontrollierten Farbverwischungen. Was auf den ersten Blick als Zeugnis spontaner Handlungen erscheinen mag, entsteht in einem kontrollierten Prozess, bei dem die Komposition bereits am Anfang feststeht. Kontrastierende Farbschichten und unterschiedliche Produktionsphasen werden darin verschränkt und das Verhältnis von Figur und Grund, Oben und Unten sowie Raum und Fläche destabilisiert. Wie auch die Skulpturen werden die Bilder zu Elementen eines offenen, enzyklopädischen »System Zobernig«, das Gattungsgrenzen überwindet und immer wieder neue Deutungen anbietet.

Zu beiden Ausstellungen ist ein Katalog erschienen. Wie üblich gibt es bei den Ausstellungen der Kestnergesellschaft wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm. Die entsprechenden Informationen findet man auf der INTERNETSEITE der Kestnergesellschaft.

Donnerstag, 20. November 2014

Weihnachten an der Front

(Beverstedt) Die Neue Bühne Beverstedt hat am 2. Dezember 2014 Premiere mit dem Stück „Weihnachten an der Front“ von Jérôme Savary
Das Stück stellt eine Episode aus dem 1. Weltkrieg dar: Den sogenannten Weihnachtsfrieden 1914. An vielen Abschnitten der Westfront verabredeten die Soldaten selbstständig das Schweigen der Waffen, sie begruben ihre Toten, tauschten Tabak und Schnaps aus und feierten gemeinsam Weihnachten – bis ihnen das gegenseitige Morden wieder befohlen wurde. Trotz dieses grausamen historischen Hintergrunds erwartet das Publikum keineswegs ein bitteres Anti-Kriegs-Theater, sondern über weite Strecken eine unterhaltsame, häufig sogar erheiternde Aufführung.
Premiere am 2. Dezember 2014. 

Weitere Aufführungen im Dezember: 5., 6. Dezember 2014. Außerdem am Sonntag, 7. Dezember 2014 um 18 Uhr, Einlass ab 17.30 Uhr.
Zweiter Block im Januar: 8., 9., 10. Januar 2015.
Beginn jeweils 20 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr, in der Oberschule Beverstedt. 

Dienstag, 18. November 2014

Künstlergemeinschaft stellt nach intensiver Recherche aus

(Bremerhaven) Ob die Frage geklärt wird bleibt offen. Aber der Titel der Ausstellung dürfte wohl einiges Interesse wecken. Neugierde ist hier herzlich angezeigt bei: Frauen sehen Männer.

Sieben Frauen aus dem Land Bremen und und um zu haben sich dieser Aufgabe gestellt und Positionen bezogen. In den künstlerischen Ausdrucksfeldern der Malerei, Druckgrafik, Fotografie, Skulptur, Zeichnung und Installation haben Karin Froehling, Sandra Jakobs, Sandra Juras, Hilke Leu, Silke Mohrhoff, Margitta Sündermann und Conny Wischhusen gearbeitet und bringen die Ergebnisse am 22.11.2014 um 19:30 zur Ausstellung.

Der Kulturdezernet Michael Frost spricht einige einführende Worte in der Schillerstr. 35 in Bremerhaven. Die ausstellung kann bis 20.12.2014 in der Zeit Mo., Do., Fr., Sa. von 15:00 bis 18:00 besucht werden.

Ausschreibung für den Szenenwechsel

Mit Szenenwechsel fördern die Robert Bosch Stiftung und das Internationale Theaterinstitut Zentrum Deutschland internationale Kooperationen in den Darstellenden Künsten mit Partnern aus Osteuropa und Nordafrika.
Gesucht werden Projekte, die aktuelle Tendenzen und gesellschaftliche Veränderungen aufgreifen und in der gemeinsamen künstlerischen Reflexion sichtbar machen. Der Fokus des Programms liegt auf der Unterstützung der Erarbeitung und Neuentwicklung eines gemeinsamen Projekts im Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Bestehende Kontakte können ausgebaut oder neue initiiert werden.
Die projektbezogene Zusammenarbeit soll bewährte Ausdrucksformen durch neue Akzente bereichern und neue Arbeitsweisen erproben. Gefördert wird insbesondere die Anbahnung und Entwicklung internationaler künstlerischer Projekte, die in der direkten Zusammenarbeit zweier Kooperationspartner entstehen.
Die Ausschreibung richtet sich an Theater und freie Theatergruppen aus allen Bereichen der Darstellenden Künste wie Schauspiel, Kinder- und Jugendtheater, Tanz, Musiktheater, Figurentheater und Performance aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die geförderten Projekte sollen in beiden Ländern, in jedem Fall aber im deutschsprachigen Partnerland präsentiert werden.
10-12 internationale Kooperationen werden von einer Jury ausgewählt und mit bis zu 15.000 Euro gefördert. Der Jury gehören an: Tilmann Broszat (Leiter Festival SPIEL- ART München), Annette Dabs (Leiterin Bochumer Figurentheater Festival Fidena), Stefan Schmidtke (Kurator Wiener Festwochen), Branko Šimic (Regisseur, KRASS Festival) und Elisabeth Wellershaus (Kulturjournalistin).

Anträge können bis zum 15. Februar 2015 gestellt werden. Nähere Informationen und den Link zum Online-Portal finden Sie unter: www.szenenwechsel.org

Dienstag, 11. November 2014

Hänsel und Gretel

(Wilhelmshaven) Am Sonntag hatte die Landesbühne Nord Premiere mit dem Weihnachtsmärchen Hänsel und Gretel nach den Brüdern Grimm, in einer Textfassung von Carola Unser und dem Ensemble. Dazu entstanden ist eine Komposition von Katharina Hoffmann und Liedtexte von Kathrin Ost.

Mit viel Poesie und Live-Musik soll auf der Bühne eine traumhafte Märchenwelt entstehen, die das Böse böse und das Gute gut sein lässt. Es bleibt eine Geschichte schwerer Entscheidungen, die aus der Not getroffen werden müssen und zur Selbständigkeit, dem Erwachsen werden, handeln. Zauberhaft mit einem Happy End!

JULIA GEBHARDT + SIMON WEISKOPF
Die Bühnenfassung und die Inszenierung von Carola Unser versucht behutsam aus den sehr archetypischen Figuren des Originalmärchens Menschen aus Fleisch und Blut auf der Bühne erstehen zu lassen, mit Ängsten und Träumen, die nicht auf eine bestimmte Zeit festgelegt sind und deshalb sehr modern wirken. Der Grimmschen Zeit geschuldete Rollenklischees in den Figuren, wie zum Beispiel das des ängstlichen Mädchens bei Gretel oder die Darstellung der Mutter als böse Stiefmutter wurden entfernt. In dieser Fassung ist Gretel außerdem die ältere, sehr belesene und ihrem Bruder Hänsel gegenüber liebevoll Verantwortung übernehmende Schwester. Das Bühnenbild und die Kostüme von Gesine Lenz bedienen die poetische, zauberhafte Seite des Märchens, sie wirken, wie aus einer Märchenbuchillustration entnommen, das Bühnenbild mit Wald, Haus der Eltern und Hexenhaus nebst Ofen und Käfig gleicht einem Pop up –Bilderbuch.  WEITERE INFOS

Freitag, 7. November 2014

Theater Spielorte dokumentiert Theaterprojekt

(Wanna) Der in Wanna ansässige Verein Theater Spielorte e.V. hat eine Dokumentation der letzten Sommerproduktion erstellt. Sie ist nun gegen eine Schutzgebühr von 5,00€ erhältlich. Im Juli hatte der Verein Premiere mit der Komödie „Bildung für Rita“ von Willy Russell. Die Kultur-News berichtete darüber: Siehe Artikel hier.  Das Projekt wurde vom Landschaftsverband Stade mit Mitteln des Landes Niedersachsen und von der EWE-Stiftung gefördert. Ziel der Theaterarbeit war es die künstlerischen Möglichkeiten der Sprache auszuloten und weiter zu entwickeln. Auf der Bühne waren diese Forschungergebnisse bereits einige Male zu sehen. Die nächste Vorstellung ist am 14.11.2014 in den Seelandhallen Otterndorf.

Theater Spielorte e.V. beauftragte die Kultur-News mit der Herstellung der Dokumentation als gedrucktes Heft, die nun vorliegt. Neben einer Darstellung des Vereins, der noch neu ist in der Elbe-Weser-Region, werden die einzelnen Bereiche der Arbeit vorgestellt. Über die Beschreibung des Projektes, der Textwahl und der Arbeitsweise wird in den Kapiteln „Sprechend Räume entstehen lassen“, „Beziehungen durch den Klang der Stimme“, „Die Verbindung von Körper und Sprache“ sowie ein Kapitel über die dramaturgische Bearbeitung und Kritiken aus der lokalen Presse, dargelegt welche Ergebnisse wie erzielt wurden. 

Für einen kurzen Zeitraum von einigen Wochen liegt die Dokumentation in der Altstadtbuchhandlung in Otterndorf, und in der Olivia Buchhandlung in Cuxhaven zum Verkauf aus. Beide Buchhandlungen unterstützen den Verein in dem die Schutzgebühr in Höhe von 5,00€ komplett an den Verein weitergeleitet wird. Man kann die Dokumentation auch beim Verlag: (eigene.werte)  direkt bestellen.


Theater Spielorte beabsichtigt diese Forschungsarbeit auch in den nächsten Projekten weiterzuführen. Das nächste Schwerpunktthema ist „Gestik“. Mit der Weiterentwicklung der gängigen Kommunikationsformen wie Sprechen, Mimik, Gestik, leistet der Verein seinen Beitrag zu einer besseren Verständigung aller Menschen unter dem Himmel. Tickets für die nächste Vorstellung sind im Internet zu beziehen, an der Abendkasse oder in der Altstadtbuchhandlung in Otterndorf.

Mittwoch, 5. November 2014

Stil-Freiheit in der Kunst - Jürgen Partenheimer

© J.Partenheimer, Le bouleau volant 1979
Der 1947 in München geborene Jürgen Partenheimer gehört mit seiner einzigartigen Interpretation der Abstraktion, die er selbst als «metaphysischen Realismus» bezeichnete, zu den wegweisenden Positionen der zeitgenössischen Kunst. In seiner künstlerischen Formulierung verbinden sich konstruktive Elemente der Minimal Art mit lyrischer Intensität. Mit kritischem Bewusstsein vermisst und kartografiert Partenheimer den ständig neu zu bestimmenden Freiraum der Kunst und ihrer Praxis. Partenheimers Werke eröffnen individuelle Denk- und Imaginationsräume, die in Bremerhaven erstmals 1988 in einer Einzelausstellung in der Kunsthalle zu erkunden waren. Bereits zwei Jahre zuvor erwarb der Kunstverein die ersten Arbeiten für seine Sammlung. 1990 und 1994 folgten die Ausstellungen „Mind - Stack (Über die Natur) ziehende Wolke - lehnende Wolke“ und „23 Bleistiftzeichnungen“ im Kabinett für aktuelle Kunst.   

20 Jahre sind seither vergangen. Nun kehrt der international bekannte Künstler in die Hafenstadt zurück und zeigt eine Werkgruppe, auf die man eine noch längere Zeit verzichten musste: Le bouleau volant ruhte 33 Jahre in einer Schachtel im Archiv des Künstlers. In diesem Jahr wurde sie in den Deichtorhallen Hamburg – Sammlung Falckenberg erstmals wieder ausgestellt. Die Präsentation war Teil einer offenen Kooperation mit dem Gemeentemuseum Den Haag, der Contemporary Art Gallery Vancouver und der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne München.


Das Konvolut aus 79 Arbeiten auf DIN-A4-Papier entstand 1979 und war im darauf folgenden Jahr Partenheimers Beitrag zur Biennale von Paris. 1981 wurde die Werkgruppe  in einer internationalen Auswahl der Biennale von Paris im Musée d´Art Contemporain in Nizza gezeigt, in der Galeria Nacional de Arte Moderna in Lissabon und im Sahra Hilden Museum in Tampere. Le bouleau volant ist ein gesellschaftskritischer Beitrag zur Stil-Freiheit der Kunst. Die Zeichnungen, Collagen, Malereien und Notizen der Werkgruppe vermitteln zunächst den Eindruck heterogener Einzelblätter. Doch ihre singuläre Bedeutung steht nicht im Vordergrund. Sie sind vielmehr wie eine Text- oder Stoffsammlung zu verstehen, deren einzelne Teile nur in Zusammenhängen erfahrbar und miteinander verbunden sind. Wie ein Kaleidoskop fügen sich die einzelnen Elemente in unmittelbar beliebigen Korrespondenzen und in gewünschten oder zufälligen Konstellationen zu einem Bild. So gibt uns Jürgen Partenheimer mit Le bouleau volant nicht nur einen Einblick in sein Archiv, sondern bietet den Betrachtern die Möglichkeit für neue Erfahrungen, Erlebnisse und Wahrnehmungsperspektiven, die sich in unserem eigenen Archiv, dem menschlichen Gedächtnis, manifestieren.
Jürgen Partenheimer - Das Archiv - Le Bouleau Volant vom 16.11.2014 bis 04.01.2015. Weitere Informationen: HIER

Sonntag, 2. November 2014

Herbstzeit ist Gartenzeit

(Vechta) Bisher hat uns der Herbst schon mit einigen sonnenreichen Tagen erfreut. Mit einer frostigen Nacht wäre die Herbstlaub-Färbung wahrscheinlich noch intensiver gewesen. Doch wir wollen nicht klagen, sondern dem Lauf des Jahres folgend uns der inneren Einkehr zuwenden. Bis Weihnachten kommen noch einige Trauertage und auch die Gartenperiode ist auf Winterschlaf gestimmt. Herbst ist für den Japanischen Garten eine besondere Blütezeit. Denn gerade in der japanischen Gartenkunst wird dem Verfall eine große Bedeutung beigemessen. Schönheit, so sagt man, kommt erst so Recht zur Geltung, wenn man sich genügend dem Verfall widmet. Das ist ein seltener Gedanke in der heutigen Zeit, in der ein Superlativ den nächsten übertrumpft, und Schönheit so sehr übertreibt, dass sie schon wieder bei der Hässlichkeit heraus kommt.

Wie viele Gärten muss man schauen, bis man einen findet der wirklich durchkomponiert, ausgestaltet ist und eine natürliche Harmonie ausstrahlt? Einen dieser Gärten findet man in Vechta im Oldenburgischem Münsterland. Auf 7000 qm hat Josef Meyer über einen Zeitraum von 40 Jahren eine Gartenlandschaft erschaffen die bewundernswert ist. In den sieben Bereichen findet sich dort ein Teegarten, Betrachtungsgarten, ein Moostempel, ein japanischer Hausgarten, ein Wandelgarten, Shinden-Garten und zuletzt ein Zen-Garten. Wer in dieses Naturparadies eintritt, verlässt den Trubel der Welt und kehrt ein in die kontemplative Welt der künstlerischer Gartengestaltung.

Die Deutsche Verlags Anstalt hat kürzlich ein Buch herausgegeben die diesen Garten dokumentiert. Mit zahlreichen atmosphärischen Bildern von Nik Barlo jr. fotografiert und von Ursula Barth beschrieben, ist es ein Kleinod für Gartenliebhaber. Die sachkundigen kurzgehaltenen Texte geben einen guten Einblick in die Geschichte und Gestaltung von japanischen Gärten, wobei die Geschichte dieses Gartens in Vechta unaufdringlich am Rande mit erzählt wird. Wie schön wäre es gewesen wenn die Gestaltung des Buches mit der gleichen Kreativität und Sorgfalt ausgeführt worden wäre wie die beschriebenen Landschaften. Doch dieser kleine Makel schmälert kaum die beeindruckende Einblicke in eine faszinierende Welt.


Nik Barlo jr. und Ursula Barth - Ein japanischer Garten. ISBN 978-3-421-03945-3 gebunden mit Schutzumschlag 19,99€