Inh. Friedo Stucke, Kastanienbogen 8 in 21776 Wanna  eigene.werte@t-online.de

Samstag, 24. Februar 2018

Gläser gegen Klimawandel

(Wanna) Mit der Installation: „Klimawandel? So´n Quatsch! Das machen wir später.“ habe ich 2013 eine sogenannte Work in Progress begonnen, eine stets anwachsende Sammlung von Lebensmittelgläsern die in verschiedenen Formen arrangiert werden. Zur Zeit ist die Arbeit noch in Wiesenbach bei Heidelberg in der Galerie des Vereins kgb auf dem Antoniushof zu sehen.

Mit dieser Installation beziehe ich ganz bewusst keine Stellung ob der Klimawandel kommt, da ist oder eine Fiktion ist. Ich rücke den Klimawandel lediglich in einen Betrachtungswinkel der auf Klimakonferenzen und Diskussionen, in Firmenentscheidungen und Flüchtlingscamps, und an verschiedenen anderen Orten der Welt so nicht  gesehen wird. Vorausgesetzt es gibt ihn, den Klimawandel, dann wird er mit jedem Tag, an dem wir nichts (oder nicht genug) dagegen unternehmen, schwieriger aufzuhalten. Ich will eine künstlerische Aufmerksamkeit erzeugen wie groß die Anstrengung sein muss um den Klimawandel aufzuhalten bzw. wieder umzukehren. Um diesen Gedanken auf eine anschauliche und erfahrbare Art darzustellen plane ich für die nächste Ausstellung der Installation eine umfangreiche Dokumentation zu erstellen. Die Installation aus nunmehr schon 3000 Gläsern soll dann zu einer Welle aufgebaut werden. Doch 3000 Gläser sind nicht genug. Das nächste Ziel sind mindestens 5000 Gläser!

Bei der ersten Ausstellung im Wilke Atelier in Bremerhaven hatte ich 174 Gläser zu einem kleinen Haufen aufgestellt, zur 2 Ausstellung auf der ReArt t(W)oo in Ilienworth waren es 381 Gläser, bei der Kap Hoorn Art die 6. in Bremen waren es bereits 1000 Gläser und jetzt in Wiesenbach sind es schon 2500 Gläser. Weitere 500 Gläser stehen schon für die kommende Ausstellung bereit. Die Sammlung soll jedoch solange weitergehen bis die Installation gekauft wird. Die Hälfte des Erlöses spende ich dann an eine Vereinigung die sich in kultureller und/oder künstlerischen Weise gegen den Klimawandel engagiert.

Bisher habe ich selbst Gläser gesammelt, Freunde und Bekannte und Familienmitglieder gebeten auch zu sammeln und bei Ausstellungen Gläserspenden entgegen genommen. So sind die ersten 3000 Gläser zusammengekommen. Doch jetzt wende ich mich an alle die diesen Artikel lesen, an euch, und die weitere Menschen für dieses Projekt begeistern möchten. SAMMELT GLÄSER!!! Ich werde an vielen Stellen in der BRD Sammelstellen einrichten, und freue mich darüber wenn Ihr das auch macht. Bis Ende Februar 2018 können Gläser in der Galerie des kgb Wiesenbach abgegeben werden. Ab sofort sammelt die Keramikerin Angela Färber von der WerkstattGemeinschaft 194 in der Bürgermeister-Smidt-Str. 194, 27568 Bremerhaven die Gläser. Die Werkstatt hat Mittwoch bis Freitag von 11:00 bis 19:00 geöffnet. In der Zeit kann man auch die wunderschönen Töpferwaren anschauen und erwerben. Gesammelt werden alle Lebensmittelgläser mit einem Metalldeckel. Die Gläser werden gespült und poliert und mit einem Label versehen auf dem das Datum der ersten Ausstellung des jeweiligen Glases steht. Die Gläser werden nach der jeweiligen Ausstellung gelagert. Wenn es 10.000 Gläser sind werden die Gläser in einem Happening auf besondere Weise gewandelt, und bei weiteren Ausstellungen in der gewandelten Form ausgestellt.


Wenn ihr Sammelstellen einrichtet oder größere Mengen Gläser spenden wollt könnt ihr mich unter der o. g. email-Adresse erreichen. Über die weiteren Fortschritte mit diesem Projekt werde ich mich von Zeit zu Zeit auf dieser Seite melden. Ich freue mich auf viele Gläser von euch.

Samstag, 17. Februar 2018

Fingerübungen des kreativen Schreibens

(Berlin) Anfänglich hatte ich eine unbestimmte Abneigung gegen das Buch aus dem Duden Verlag. Doch dann, weil es meine sentimentale Ader ansprach, ließ ich mich ein kleines bisschen darauf ein. Ich habe eine Neigung zu haptischen Erlebnissen. Und die Beschreibung darüber wie man seinen Schreibplatz einrichten möge, verleitete mich dazu mit einer wachsenden Neugier zu lesen. 

Ich bevorzuge eine andere Richtung des kreativen Schreibens. Eine Richtung in der es viel darum geht wie man die beiden Hirnhälften in den kreativen Prozess einbezieht. Hanns-Josef Ortheil schreib nicht ein einziges Wort darüber. Und im Literaturverzeichnis finde ich auch keine Erwähnung eines dieser Bücher, die ich bereits wissbegierig verschlungen habe. Und ehrlich gesagt die Unzahl von Schreibaufgaben die einen Schriftsteller aus mir machen können, kann ich auch nicht mehr ausstehen. Aber Ortheil gibt einen etwas anderen Ansatz den ich so noch nicht gesehen hatte, den handwerklichen Ansatz. Die Fähigkeit lesen und schreiben zu können einmal vorausgesetzt geht es darum wie man diese Werkzeuge für das Schreibhandwerk benutzt. Die kleine Verbindung zwischen dem Wissen wie man einen Satz mit Punkt und Komma bildet und dem wie man etwas ureigenes erzählt. Das ist nicht die Fortführung der Kenntnisse darüber wie ein Aufsatz geschrieben wird, sondern wie ich aus mir genau das heraus bringe - was ich zu sagen habe. Der Autor Hanns-Josef Ortheil kennt mich nicht und kann in Folge dessen auch nicht eine persönliche Beratung geben. Er findet aber in den 25 Schreibübungen einen Ton der sowohl präzise ist in der Anleitung, als auch frei in der Ausführung wie ich die Übungen machen kann.

Dabei folgt er einer wenig strengen, aber konkreten Didaktik. Er beginnt mit dem Arbeitsplatz, der Zeiten, den Geräten um so ein Raum-Zeit-Kontinuum zu etablieren. Bereits im ersten Kapitel wird deutlich, man muss sich für das Schriftstellerleben entscheiden. Das Buch trennt zwischen den Zeilen sofort zwischen gefühlsduseligen Möchtegernschreibern und denen die es ernst meinen. Sollten sie vorhaben im geschützten Kreis einer Handvoll Freunde in ihrer Freizeit einmal eine Geschichte zu schreiben, dann lassen sie dieses Buch im Laden stehen. Gehen sie lieber für die 14,95€, die sie für dieses Buch gezahlt hätten, mit ihrem Partner ein Eis essen und erfreuen sie sich an der Schlagsahne die andere kunstvoll schlagen. Falls sie aber bereit sind ihr Leben umzukrempeln um feste Schreibzeiten einzurichten, wenn sie bereit sind täglich zu schreiben, auch wenn die Mutter stirbt oder ihre Kinder eingeschult werden, wenn sie bereit sind in ihrer Freizeit einsame Stunden für die Arbeit am Text einzulegen, wenn sie bereit sind Exkursionen zu unternehmen die nur Gleichgesinnte verstehen mit denen sie evtl. weder verwandt noch befreundet sind, dann ist dieses Buch eine sehr lohnende Quelle hilfreicher Anleitungen.

Das Buch gibt so gut wie keinen philosophischen Überbau. Hier nimmt man den Stift in die Hand und bringt die Tinte aufs Papier. Dies ist eine weitere starke Komponente die das handwerkliche an diesem Buch ausmacht. Die Möglichkeit mit Computer zu arbeiten wird kaum erwähnt. Können sie natürlich machen; aber es geht darum die Hände in den Dreck zu stecken, das Ergriffene zu kneten um dann mit schwarzen Rändern unter den Nägeln etwas zu Papier bringen was Bestand hat, etwas Wahres, etwas dass es lohnt geschrieben und gelesen zu werden. Und das ist nicht inhaltlich gemeint sondern handwerklich literarisch. Meiner Meinung nach z.B. hat Rosamunde Pilcher inhaltlich den größtmöglichen Scheiß geschrieben aber auf eine literarisch anspruchsvolle Art. Also welchen Stuss oder welches Banalgefasel sie nach dem Studium dieses Buches auch verzapfen, er kann sehr anspruchsvoll niedergeschrieben sein. Und das halte ich für einen weiteren Vorteil dieses Buches. Die klare Trennlinie zwischen dem was man schreibt und wie man es schreibt. Diese Entscheidung liegt und bleibt ausdrücklich bei ihnen. Ohne auf Kreativität in jedem Kapitel hinzuweisen gibt Ortheil die Schlüssel in die Hand der Leser zu lernen sie anzuwenden. Das ist ein großes Geschenk.

Der Titel: „Mit dem Schreiben anfangen“ deutet auf Grundlagen. Diese Grundlagen sind schon sehr weitreichend. Ich verrate wohl nicht zuviel, wenn ich behaupte man könne sich ein bis zwei Jahre intensiv mit diesen Übungen beschäftigen, ungeachtet dessen ob man den ganzen Tag Zeit hat oder nur einige Stunden täglich abzweigen kann. Und die Übungen geben auch ein abgerundetes Bild dessen was man braucht um erste Texte, kleinere und größere, zu verfassen. Man darf aber nicht vergessen, die Kunst zu schreiben geht noch viel weiter. Wenn man sich intensiv mit den Aufgaben die Ortheil vorschlägt beschäftigt, und erste Texte verfasst, wird sich schnell die Neugier einstellen andere künstlerische Fragen des Schreibens zu klären.

ISBN 978-3-411-74904-1

Freitag, 16. Februar 2018

Entwurf für neuen Lebensraum

(München) Im vergangenen Jahr hat der Oekom Verlag, die Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH, das Buch von Ralf Otterpohl“Das Neue Dorf“ herausgegeben. Vielfalt leben, lokal produzieren und mit Natur und Nachbarn kooperieren sind die Schlagworte dieser Veröffentlichung. Ralf Otterpohl leitet an der TU Hamburg das Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz, und lehrt dort u.a. ländliche Entwicklung und „Eco Town Design“. Ausserdem hat er vielfältige dezentrale Abwassersysteme gebaut, ist ein Pionier der „Terra Preta Sanitation“ und hat das Konzept des „Neuen Dorfes“ entwickelt.

Auf 180 Seiten findet man hier ein umfangreiches Kompendium ökologischer Vorschläge eines neuen, oder wiedererstehenden Lebensentwurfs. Denn um es auf den Punkt zu bringen bedarf es nicht vieler Worte. Was in den 80er und 90er Jahren in der BRD als Alternatives Leben bezeichnet wurde, erfährt in diesem Buch mit aktuellen Erkenntnissen ein Upgrade. Oder, was in den 80ern begonnen wurde ist vielleicht zum großen Teil in Vergessenheit geraten, weil es sich nicht so schnell durchsetzen konnte wie die beteiligten Personen daraus herausgewachsen sind, erlebt nun eine Wiederentdeckung und Weiterentwicklung. Es werden sehr viele praktikable Beispiele für einen besseren Umgang mit der Natur angeführt und auch mit weiterführenden Informationen abgerundet. Dennoch muss man sagen, und der Autor benennt es auch an einigen Stellen, das Problem sind nicht die Möglichkeiten, sonder der Mensch selbst. Offensichtlich gibt es genügend erprobte funktionierende Alternativen dazu die Welt als einen riesigen Müllhaufen zu betrachten, aber es fehlt einfach der Wille der Menschen erwachsen und verantwortungsbewusst zu werden. Die Lektüre erschöpfte mich mit einer schier nicht enden wollenden Flut sehr nützlicher und wertvoller Informationen, und stieß mich immer wieder auf die Frage wer das alles umsetzen will und wie. Es geht nicht darum die alternativen Möglichkeiten aufzulisten, sondern einen Weg zu finden wie diese Möglichkeiten von der Menschheit praktiziert wird und zwar auf Dauer, auf die Dauer mehrerer Generationen. Das Buch schreit förmlich nach einer ökologischen Soziologie und ökologischen Weltwirtschaft. Wenn es keine ernsthaften Bemühungen, auch von staatlicher Seite, gibt unsere Werte und Lebensentwürfe neu zu formulieren, dann brauchen wir dieses Buch nicht. Andererseits ist dieses Buch aber ein wertvoller Beitrag dazu um Werte und Lebensentwürfe neu zu überdenken und zwar von jedem Einzelnen. Es zu lesen lohnt sich.

Ralf Otterpohl - Das Neue Dorf 
Oekom Verlag ISBN 978-3-96006-013-0

20,00€

Freitag, 9. Februar 2018

Der Wert der Arbeit

(Oldenburg) Die Automation der Arbeit macht den Menschen als Arbeiter immer wertloser. Viele Menschen, ob Soziologen, Politiker, Arbeitslose, Manager und selbstverständlich Künstler, beschäftigen sich mit der Frage, welchen Wert die ersten für immer aus dem Arbeitsprozess herausgenommenen Körper haben? Wenn Arbeit unseren Lebensstatus definiert, wenn wir persönliche Anerkennung darüber erlangen ob wir arbeiten und wie wir dafür entlohnt werden; was geschieht dann mit den Menschen - die wir als Gesellschaft - nicht mehr im Arbeitsprozess eingliedern können? Und die die noch arbeiten, welchen Wert hat deren tägliche Verrichtung für sie persönlich - abgesehen von der Entlohnung? Die flausen+ Stipendiaten im Oldenburger Theater Wrede+ forschten in den vergangenen vier Wochen unter dem Titel Actions for the worthless Body. Mittwoch Abend war die öffentliche Darbietung der Forschungsergebnisse der Stipendiaten: Christopher Gylee, Richard Aslan, Ana Berkenhoff und Alexander Carillo.

flausen+ young artists in residence ist ein vom Theater Wrede+ ins Leben gerufenes Forschungs- und/oder Weiterbildungsprogramm. In allen Bereichen der Arbeitswelt gibt es Weiterbildung. Den Anspruch auf Bildungsurlaub mit z.T. gut geförderten und weit gefächerten Angeboten sollte jedem ein Begriff sein. In den darstellenden Künsten ist so etwas allerdings eine Seltenheit. Die Bühnenkünstler stehen in extremen Produktionsstress zu oft extrem schlecht finanzierten Projekten - die mit einem aussergewöhnlich hohem Mass an Engagement und Herzblut der Künstler realisiert werden. Das durchschnittliche Jahreseinkommen in den freien Darstellenden Künsten liegt ca. 60% unter dem bundesweitem durchschnittlichen Jahreseinkommen welches von der Deutschen Rentenkasse für 2017 ermittelt wurde. Darüber hinaus verfügen die Freien selten über eigene Produktionsstätten. Sie sind auf Kooperationen mit freien Theaterhäusern angewiesen. Das bedeutet nicht nur eine große Flexibilität in künstlerischen Fragen und eine über Gebühr hohe Kompromissbereitschaft, sondern auch die Bereitschaft quasi heimatlos umherzuziehen. Diesen ehr getrieben Künstlern stehen in diesem Jahr sechs Forschungsstipendien zur Verfügung. In vier Wochen können die Gruppen ohne Leistungsdruck forschen: an einer bestimmten Frage, an ihrem künstlerischem Stil, an neuen Theaterformen, also an den Themen denen sie sonst kaum oder keine Zeit widmen können. Und das es dafür eine begründete Nachfrage gibt zeigen schon allein die 170 Bewerbungen die auf diese sechs Stipendien gestellt wurden.


Beim #33 making off, der Schlusspräsentation, sind zwei Sachen die ich besonders hervorheben möchte die Simplizität der Arbeitsweise und die Art der Fragestellung. Mit der beginnenden Frage, „Was macht der Körper wenn er arbeitet?“ stellten sie sich den Regieanweisungen aus Theaterstücken wie z.B.: …trägt ein Tablett, …hält einen dünnen Stab oder ähnliche Anweisungen. Die aus dem Kontext gerissene Anweisung steht nun nur noch als Handlung isoliert. Der Ausdruck auf eine Aussage die dem jeweiligen Stück entspräche entfällt.  Wenn man zuviel Bedeutung in eine Frage steckt, dann legt man das Ergebnis quasi von vornherein fest. Der Forscher ist eben immer auch Teil der Forschung. Um etwas neues zu erfahren haben sich die Akteure mit einer Fülle von Fragen beschäftigt. Im Prozess, diese Fragen auf der körperlichen Ebene zu erfahren, durch häufige Wiederholung haben sie das erreicht. Bei jeder Wiederholung entstehen kleine Abweichungen, folgt man denen, hat man die Chance sich auf unbekanntes Gebiet zu begeben. Und offensichtlich ist es dieser Forschungsgruppe gelungen in dem aus den schlichten Regieanweisungen dynamische Prozesse, die wie eine intelligent gestaltete Szene wirken, entstanden. Das Feedback aus dem Publikum des Abends zeigte dann auch wie ergreifend und vielschichtig und auch ähnlich die Szenen erfahren wurden. Der Arbeitsprozess ist in etwa nachzuvollziehen wenn man sich das Logbuch betrachtet, das die Gruppe während der vierwöchigen Arbeit täglich geführt haben. (www.flausenblog.de) Die Stärke dieser Arbeit liegt in der Einfachheit, die offensichtlich nicht zu endlosen Diskussionen führte, sondern auf der darstellerischen und körperlichen Ebene kommuniziert wurde. Eine weitere bemerkenswerte Qualität dieser Gruppe liegt somit in deren künstlerischen Freiheit, die ein Handeln mit wenigen Filtern gleichkommt; der Freiheit etwas unverblümt darzustellen um dann selber zu schauen was es ist. Once we were Islands sind Christopher Gylee und Richard Aslan. Sie kennen sich über ein Netzwerk für Künstler und haben schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet. Für dieses Forschungsprojekt haben sie sich mit Ana Berkenhoff und Alexander Carillio zusammen beworben, und auch zum ersten Mal gemeinsam gearbeitet.