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Freitag, 17. November 2017

Kleist als Hörspiel(?!) am Bremer Theater

© by theater bremen
(Bremen) Literatur auf der Bühne am Bremer Theater. Mit Michael Kohlhaas von Heinrich von Kleist gab es gestern vor ausverkauftem Haus eine Schauspielpremiere die die Gemüter wohl in krasse ästhetische Lager trennen wird. Für die einen könnte es innovatives Theater gewesen sein, für die anderen bestenfalls ein visuelles Hörspiel.

Man muss bestimmt kein Liebhaber Heinrich von Kleist´s Erzählungen sein um ihn zu mögen. Denn seine Sprache ist gewaltig, fesselnd, beschreibt genau die Sache und saugt den Leser/Hörer in die Geschichte hinein. Diese Wortgewalt muss dem Regisseur Martin Grünheit, der auch Gründungsmitglied des freien Theaters cobratheater.cobra ist, sehr vertraut sein. Denn seine Inszenierung stütz sich und windet sich sehr texttreu an der Erzählung. Und man kann ihm auch bescheinigen die oft verschlungenen Sätze mit verschiedenen Ebenen und Nebenentwicklungen, wie man es an Kleist besonders lieben kann, seiner intensiven Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Der Text ist auf das fünfköpfige Spielerensemble wie in einem vielstimmigen Orchester aufgeteilt, wodurch eine interessante Rhythmik, Dynamik und ein spontaner Sprachwitz entsteht. Andererseits fällt dieser Leichtigkeit und Tempoorientierung die Bedeutung zum Opfer. Gerade die Kraft des darstellenden Spiels hätte Kleist´s Erzählung auf eine noch kraftvollere Ebene gehoben als so wie hier auf die Reduzierung der nackten Rezitation. Die Schauspieler hatten zwar einiges an Wege zurück zu legen, oder isolierte Gesten hier und da zu zeigen, aber das trug nicht sonderlich dazu bei den Sinn der Interpretation zu klären. Die Musik von Colin Hacklander und Farah Hatam dagegen schafften eine sehr beeindruckende Atmosphäre. Das deren Wurzeln unter anderem bei den Einstürzenden Neubauten lag war nicht zu überhören so z.B. als des Junkers Anwesen von Kohlhaas eingenommen wird. Unter den Schauspielern, die man alle als sehr engagiert beschreiben darf, muss man besonders Gina Haller hervorheben. Z.B. ihre Rede des Martin Luther war beeindruckend und von vielschichtigem Witz.


Die Ankündigung im Programmzettel der Michael Kohlhaas würde verkörpert ist eben so fragwürdig wie es übertrieben ist den Kohlhaas als Terroristen zu bezeichnen. Die Inszenierung bietet dafür kaum Ansatzpunkte. Denn wo, so frage ich, wurde die „Engstirnigkeit“ thematisiert, oder wo sein Ringen um einen heldenhaften Kampf für eine weitblickend gerechtere Zukunft? Das erschöpfte Publikum applaudierte dennoch ganz anständig. Weitere Termine: 18.11., 15.12., 17.12., 18.12.2017 14.01., 07.02., 16.02.2018

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