(Wanna) Danke, liebe Bremerhavener. Danke für dieses wunderbare Feuerwerk am gestrigen Abend. Das war ein wundervolles und farbenfrohes Spektakel um die bösen Geister des Jahres 2023 auszutreiben. Es wird natürlich nichts nützen. Denn das Morden in der Ukraine, im Gaza-Streifen und in vielen anderen Gebieten der Welt geht unvermindert weiter. Aber vielen Dank für den Versuch mit einem gigantischem Feuerwerk, das sich über die verschiedenen Stadtteile bis ein Uhr hinzog, ein bisschen Farbe in die Dunkelheit zu bringen. Auch wenn diese feurige Begeisterung zum zündeln nicht die Herzen erweichen kann, so wird doch zumindest die Atmosphäre ein kleines bisschen angeheizt. Das spart Heizkosten. Apropos Kosten. Mein Dank geht auch an all die Mitbürger die keine Kosten gescheut haben dieses bombastische Feuerwerk zu bezahlen. Das gibt Hoffnung zu glauben, dass noch genug Geld bei den Leuten liegt. Das Gejammer um steigende Preise ist also doch nur hohles Gewäsch. Denn wer an einen Tag, für einen kurzen Moment der Freude bereit ist ein-, zwei- oder sogar dreihundert Euro zu verpulvern, für den kann Geld kein Hindernis bedeuten sich frei zu entfalten. Alles in allem war der gestrige Jahreswechsel wieder mal ein Beweis dafür mit welcher Gleichgültigkeit die Mitmenschen dazu bereit sind ein schnödes wieder und wiederkehrendes Ereignis zu feiern, als wäre es der letzte Tag im Leben der Welt. Und wie brav sie sich alle an diesen Gefühlsausbruch beteiligen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt darf gezündelt werden. Und auf die Minute genau entfesselt sich dann der größte Teil explodierender Glückseligkeit. Es ist schon eine bemerkenswerte Tugend sich auf die Minute genau freuen zu können. Ich bin beeindruckt. Und ich bin natürlich voller Dankbarkeit, dass ich diesem Schauspiel beiwohnen durfte. Und ich musste nicht einen einzigen Cent dafür bezahlen. Pulverdampf lag in der Luft, der Alkohol floß in Strömen und sogar der Regen war vom Bürgermeister selber abgestellt. Wunderschön! Und so hoffnungsvoll. Jetzt nur noch 364 Tage Wahnsinn ertragen, und dann gibt es wieder Silvester! Hurra!!!
Montag, 1. Januar 2024
Danke Bremerhaven
Dienstag, 19. Dezember 2023
Gedanken zur Weihnacht
Altern
…
dafür muss man nichts tun
gar nichts
es geschiet
einfach so
selbst wenn wir uns noch so sehr dagegen stemmen
jung bleiben, ja
dafür strampeln wir uns ab
treiben Sport
tragen Lotionen auf
reden infantil
so angestrengt
bis wir zu Tode erschöpft sind.
(©Friedo Stucke)
Mittwoch, 13. Dezember 2023
Drohnen über Bremerhaven
Drohnen fliegen über die Hafenstadt. Seitdem die Drohnen eine Kamera transportieren können, gibt es im deutschen TV keinen Film mehr ohne Luftaufnahme. Erzählt wird durch diese Luftaufnahmen nur in den aller seltensten Fällen etwas. In diesem Fall kreuzt die Drohne durch die Containerreihen der Hafenstadt. Natürlich auf der Suche nach Drogenschmuggler. Handlanger, kleine Fische, die an einen Mittelsmann die Pakete übergeben der sie dann weiter leitet zum nächsten Verteiler der überwacht wird vom Schurken mit der Waffe. Der erledigt dann auch den einen oder anderen und wirft ihn ins Hafenbecken. Die Zöllner mit der Drohne haben sonst nicht viel drauf ausser die Spielerei mit dem technischen Schnickschnack. Der Trottel der die Drohne lenkt, lenkt sie so niedrig, dass einer der Schmuggler sie mit der Hand zu Boden schlagen kann. Allein für soviel Blödheit sollte man ihm kündigen. Da drängt sich mir auch die Frage auf, warum die Beamten in den Krimis immer so trottelblöd dargestellt werden. Wo ist da die Polizeigewerkschaft und reicht Klage gegen alle TV-Sender ein, wegen Verunglimpfung und zur Ehrenrettung ihrer Mitglieder? Und dann wird ja immer auch die Staatsmacht im Team vorgestellt. Doch Team bedeutet hier, und in vielen anderen Krimis, die eine Kollegin tanz aus der Reihe und geht auf Solotour, und ein anderer besteht auf Sicherheitsregeln komme was da wolle. Man wundert sich am Ende des Krimis nur noch, dass die Schurken gefasst werden konnten. Das geht natürlich nur weil Kommissar Zufall zur Stelle war. Ansonsten überwiegt das bildgewaltige Werk von endlosen Einstellungen in denen nichts passiert, nicht einmal Spannung wird aufgebaut. Ein neunzig Minüter den man auch in einer guten halben Stunde hätte erzählen können. Was für eine Verschwendung von Produktionsgeldern. Es wird bei solchen Filmen immer suggeriert, dass die Deutschen zu doof wären interessante Filme zu machen. Doch das trifft nicht zu. Es gibt unter den Schauspielern sehr viel und gute Leute die einen anspruchsvollen Handlungsverlauf mit ausgefeilter Charakterdarstellung spielend leicht hinbekommen können. Es gibt auch Kameraleute die mehr als Drohnen lenken können und überhaupt gibt es sehr viel fähiges Personal mit dem man gute interessante Filme produzieren kann. Doch statt dessen bekommt man solchen Schund ausgestrahlt. Und dann natürlich das Lokalkolorit. Man zeigt die Gegend. Einheimische erkennen die Drehorte - schön. Manch einem wird es ganz warm ums Herz weil seine Scholle im Hintergrund auftaucht. Doch wer sich ein bisschen auskennt, der fragt sich dann schon, wie die einzelnen Drehorte in so einem Film miteinander verbunden werden. Und wieso muss eine Gewalttat, wenn auch nur hypothetisch, dafür herhalten um die Heimat im TV zu sehen? Wird so ein Heimatgefühl hergestellt? Ich hoffe nicht.
Wirtschaftliche Entscheidungen
Durch wirtschaftliche Entscheidungen wird die Welt zu einem häßlichen Ort. Was ist häßlich? Es ist nicht das Gegenteil von schön. Häßlich ist es wenn man keine freudige und liebevolle Verbindung mit etwas hat. Man spürt ehr eine Wut, einen Wunsch sich von etwas abzuwenden, es aus seinem Leben zu verdammen. Ein Umstand oder Gegenstand den man nicht in seinem Leben haben will. Ein Grund sich unbehaglich zu fühlen. Und vor allem, es ist etwas völlig überflüssiges, etwas auf das man ohne weiteres verzichten kann. Wirtschaftliche Entscheidungen sind häßlich. Denn mittlerweile ist es allgemein anerkannt, das eine wirtschaftliche Entscheidung immer mit Verzicht zu tun hat. Eine wirtschaftliche Entscheidung in der BRD muss aber keinen Verzicht nach sich ziehen. Wir leben hier schließlich in einem Land in dem Milch und Honig fließt. Gut, nicht für alle Mitbürger, aber doch für sehr viele und für einige in so einem unermesslichen Überfluss das es einem schwummerig werden kann. Grad habe ich gelesen, dass es 237 Milliardäre in der Republik geben soll. Was haben die denn gearbeitet um die erste Milliarde zusammen zu bekommen? Aber ich schweife ab. Also unter eine wirtschaftliche Entscheidung versteht man heute, dass Geld eingespart wird. Und das wird nur in der Hinsicht eingespart, dass es einen aktuellen Gewinn von einigen wenigen Mitbürgern steigert. Haben sie schon einmal bemerkt, dass viele Supermärkte abgerissen und wieder neu aufgebaut werden? Manchmal sogar am selben Ort. Also wenn ein Gebäude noch weitere 50 oder 100 Jahre stehen bleiben könnte, wieso dann abreißen. Wieso nicht den bestehenden Baukörper verbessern oder aufwerten? Und wo bleibt der ganze Schutt? Ein bisschen kann man davon wieder verwerten. Ja! Aber das meiste davon belastet die Umwelt. Denn in den seltensten Fällen wird so nachhaltig umweltverträglich gebaut, dass die Baustoffe in ihrer Schuttphase wieder zu neuem Rohstoff verrotten können. Es ist Plastik, Metalle und zig verschiedene Kunststoffe die zu riesigen Bergen gelagert werden. Für die Nachwelt, für unsere Kinder wohlmöglich. Da wird es den Nachkommen wirklich schwer gemacht respektvoll auf ihre Eltern zu blicken. Ach ich schweife schon wieder ab. Aber ich könnte noch stundenlang weiter solche wirtschaftlichen Entscheidungen aufzählen: LNG bei dem Unmengen von Chlor ins Meer geleitet werden, Kriege, Stuttgart 21, Elbtower. Große oder kleine Projekte, es ist ganz egal, es ist immer das gleiche: ohne erkennbare Notwenigkeit wird die Welt zu einem häßlichen Ort gemacht. Achja, nehmt mich nicht ernst, ich red nur so vor mich hin.
Montag, 11. Dezember 2023
Mein Lottoladen ist verschwunden
Det jiep et doch jarnich. Mein Lottoladen ist verschwunden. Ich komme da rein beim Supermarkt, und der ganze Laden is wech. Baustelle. Nix mehr zu sehen von dem kleinen Zeitschriftengeschäft von dem Türken, oder war der aus Polen. So genau konnte man das ja auch nicht sehen. Nee, der ganze Laden einfach weg. Nun is da nur noch so’n Loch zwischen Supermarkt Kasse und Blumengeschäft. Vor der Tür standen immer so viere, fünwe Ständer mit Post- und Grußkarten, und rechts so ein Stehtisch mit die Lottoscheine, wah. Weg, alles weg! Gut ich war jetzt zwei Wochen nicht da, aber deswegen gleich den ganzen Lottoladen abbauen, dat ist ja wohl ne Nummer für sich. Ja und wat mach ich nu? Ich hatte vier Richtige. Is´ der jetzt mit meinem Lottogewinn durchgebrannt? Mit nem Boot über den Bosporus, oder sonst wo über die Grenze?
Also nee, da wo früher mein Lottoladen war ist jetzt also nichts. Nur so eine Baustelle. Schwarze Wände und oben drüber prangt auf diesem Kunststoffholz-Dekor schon der neue Name. Tabak Niemeyer. Auf einer Leiter steht ein Handwerker und lässt sich von seinem Lehrling, oder was is’ dat, `n Hilfsarbeiter, na immerhin sieht er aus als wäre er von hier, also der reicht ihm ein Holz, so ein Bauteil. „Sagen Se Mal, wo is denn nun der Lottoladen hin?“ Frage ich den. „Ich wollte doch hier meinen Schein…, und nun ist der Lottoladen nicht mehr da. Einfach weg!? Ist der vielleicht irgendwo anders hier im Center? Oder ist der jetzt ganz weg?“ Der Mann `uf der Leiter guckt mich an. Fragezeichen im Gesicht und mit offenem Mund. Er ist vornüber gebeugt und streckt die Hände griffbereit seinem Kollegen entgegen. „Hier ist jetzt nichts.“ Raunst er mir zu. „Wir bauen um. Das kann noch etwas dauern.“ Ik trete einen Schritt zurück, um det Jantze zu sehen. Hölzern anmutende Fassade aus zu glattem Kunststoff - bestimmt um es feucht abwischen zu können - und dahinter ein geräumiger Schlund von schwarz. An einer Wand sind schon Regale montiert. Auf zwei Arbeitsböcken liegen Teile und mehrere Maschinen rund herum. Die Handwerker, oder sind das nun Monteure?, haben alle uniforme Overalls mit aufgesetzten Taschen an. Zweifarbig. Wenn man da überhaupt von Farbe sprechen kann. Ein unbeschreibliches graublau und ein zwischen braun und oliv schwankendes irgendwas. Und mein kleiner Lottoladen ist einfach nich´ mehr da. Was mach ich denn nun mit meinem Lottoschein. Ich hätte auch ´nen neuen gebraucht. Heute ist doch Freitag. Na den Kerl kauf´ ich mir. Jetzt geh ich erst Mal nach Hause und dann im Internet gucken wat da überhaupt los ist. Den lass ich doch nicht mit meinem Vierer abhauen. Der wird doch wohl noch in Deutschland sein? Oder ob se den schon abgeschoben haben?
Sonntag, 20. November 2022
Es kommt was nach der Krisenzeit!
© by Theater an der Glocksee |
(Hannover) Muss man auf alles eine Antwort haben? Ist das überhaupt möglich? Und die Antwort auf alle Fragen, ist das die Bedingung für den Tod und natürlich der Wiedergeburt? Grob umschrieben ist das der offene Fächer vieler Fragestellungen, offener Assoziationen die Das Phoenix-Projekt am Theater an der Glocksee verfolgt.
Vor ein paar Jahren erzählte Jack in the Box seine Gedanken zur Zeit. Nachdenklich stimmende Gedankenketten die uns in Überlegungen zogen - was oder wie diese Zeit ist. Mit dem Phoenix Projekt hat er nun die Box verlassen. Offensichtlich sind viele Menschen infiziert von diesen Gedankenfetzen, sie weiter zu zu spitzen und zu etwas Erklärenden zusammen zu setzen. Die Spieler erzählen einzelne Geschichten und Reflektionen und treffen sich dann immer wieder mit allen - denn ja, es betrifft uns alle. Eine Gemeinsamkeit die zwar nicht wirklich verbindet, die den Einzelnen aber auch nicht allein im Regen stehen lässt. Alle einzeln gezeichneten Figuren gehen an den Rand ihrer Erfahrung, ihrer Daseins. Grenzerfahrungen mit einem Kern der Hoffnung dass es auf der anderen Seite weitergeht. Diese Grenze auszuloten zeigt das Ensemble immer und immer wieder in schier nicht enden wollenden Kaskaden von Situationen, Bildern, Projektionen, Stimmungen, Gesängen, Akrobatik, Tanz und, und, und… Es ist ein stetig aufkeimendes, sprühendes Feuerwerk, und so manches Mal möchte man aufspringen und mitmachen, um vielleicht sogar das Ei in der Asche zu finden.
Jonas Vietzke, der hier für Text und Regie verantwortlich ist, hat den Nerv der Zeit und die Gedanken, Sorgen und Ängste der Menschen gut eingefangen. Das treibt uns derzeit um. Nicht die einzelne Krise, an denen sich die Medien abarbeiten und das verstörte Volk umtreiben, ist das Thema. Nein, hier ist der Gedanke einen Schritt weiter. Was hält diese Krisen zusammen, was ist ihnen allen gemein? Es ist wie bei einem komplexen Lernprozess, bei dem man unendlich viele Informationen entschlüsseln und sie dann richtig zusammen setzen muss. Eine Entdeckungsreise zu der Frage aller Fragen, die man findet um sie dann am nächsten Tag neu zu stellen, immer und immer wieder. Und wie diese Inszenierung zeigt, kann das ehr ein Rausch sein der beflügelt, denn eine Sorge die man fürchtet.
Das Ensemble ist eine Zusammenstellung begeisternder Schauspielern, Sänger, Tänzer die hier zu einem mitreißendem Spiel aufläuft. Was das Publikum mit nicht enden wollendem Applaus gerne belohnte. Die Akteure auf der Bühne: Andrea Casabiancchi, Johannes Fast, Johanna Krödel, Nina Melcher, Dennis Pörtner, Cornelius Rauch, Jonas Vietzke. Weitere Vorstellungen am Mi. 23., Fr. 25. Und Sa. 26.11.22 jeweils 20:00 Theater an dern Glocksee.de
Dienstag, 27. September 2022
Die Waldlösung
(Wanna) Ich liebe Bücher die den Bruch eines Verbots im Titel tragen. So etwas wie: In drei Schritten zum perfekten Mord, oder: Wie man illegal einen Wald pflanzt. Das erstere gibt es noch nicht, das letztere habe ich kürzlich gelesen. Und, ja, ich bin begeistert. Der Verweis auf die Illegalität betrifft nur einen kleinen Teil des Buches. Der überwältigende Teil ist gespickt mit nützlichem Wissen über Bäume und Wald.
Im ersten Teil wird grundsätzliches berichtet über die unterschiedlichsten Möglichkeiten einen Wald zu pflanzen und warum das sinnvoll ist. Im mittleren Teil ist eine umfangreiche Datenbank über die verschiedenen Baumarten die in diesen Breitengraden üblich sind. In knapper Form sind die wichtigsten Merkmale beschrieben, so gut, dass man schnell eine Auswahl für das eigene Pflanzprojekt treffen kann. Im dritten Teil sind 17 Artikel versammelt in denen verschiedene besondere Informationen über Wälder erklärt werden. Im Anhang gibt es dann noch Bilder zur Baumbestimmung. Eine geballte Ladung Information die auch noch locker und witzig vorgetragen ist.
Als eine besondere Überraschung fand ich die Illustrationen die dicht am Text sind und mit einem Blick weitere Informationen bieten. Nach der Lektüre die man so nebenbei in ein bis zwei Tagen erledigen kann, ist man bereit einen Wald zu pflanzen, legal oder illegal. Wer hat das geschrieben? Nun, das war ein ganzes Team. Gewöhnlich würde man sie unter einen Herausgeber zusammenfassen und fertig. Aber wenn eine Gruppe von Menschen eine so wunderbare Arbeit abliefert, dann will ich sie auch benennen: Philipp Bauer, Iris Becker, Jeremy Connor, Jonathan Dehn, Benjamin Fredrich, Alexander Fürniß, Julius Gabele, Patricia Haensel, Sebastian Haupt, Stefanie Kaiser, Veliko Kardziev, Juli Katz, Jan-Niklas Kniewel, Andrea Köster, Daniela Krenn, Tobias Müller, Eva Pasch, Cornelia Schimek, Stefanie Schuldt und Jasemin Uysal.
Verlegt im KATAPULT Verlag Greifswald ISBN 978-3-948923-18-1