Venske & Spänle Steinbeisser © by Axel Biewer |
(Wilhelmshaven) Zur Zeit da sich pseudosportliche Sesselfurzer wahnsinnig agil fühlen weil sie den überbezahlten Kickern auf dem Rasen nach fiebern beginnt eine sehenswerte Ausstellung in der Kunsthalle Wilhelmshaven die, mit Marmorskulpturen vom Künstlerpaar Venske & Spänle, wesentlich mehr Lebenszeichen zeigen. Sonntag um 11:30 eröffnen Michael Diers und Dr. Marc Wellmann „Übernahme!“ - Bildhauerei, Skultpuren aus weissem Marmor.
Jedes mal wenn ich zu einem Pressetermin der Kunsthalle in die Hafenstadt fahre scheint es mir ein Weg zum Ende der Welt. Wesertunnel, Landstraße die mit Blitzer gespickt zum langsam fahren zwingt, ein Stück Autobahn, und dann die sich endlos hinziehende Ortseinfahrt. Man entfernt sich so weit vom gefühlten Puls der Zeit, dass man kaum noch etwas von Bedeutung erwartet. Doch dann passiert es. Für drei Monate bis zum 30. September 2018 kann man die aus Marmor gehauenen Objekte bewundern. Bewundern ist hier wohl das treffenste Wort. Selbst wenn man „den“ David betrachtet hat man eine unmittelbare Vorstellung von Gewicht, nicht so bei den „Smörfs“, „Helotrophen“ und „Myzoten“ von Venske & Spänle. Die gebürtige Berlinerin Julia Venske und der aus München stammende Gregor Spänle darf man als Meister der Steinbildhauerei beschreiben. Das Künstlerduo kann seit 1997 schon auf über 70 Ausstellungen weltweit zurück blicken. Doch das besondere an ihnen ist nicht unbedingt der Erfolg sondern die überwältigende Transformation von schwerem Marmor in federleichte organische Spezies. Ihr Material ist der Laaser Marmor aus den südlichen Alpen. Im Weißwasserbruch, von wo Venske & Spänle ihren Marmor beziehen. Das Gestein wird unterirdisch in 100 Meter langen Abbauhallen mit Diamantseilsägen und -schrämmaschinen abgebaut. Die Blöcke sind bis zu 8000 Tonnen, in Worten: achttausend, schwer bevor sie in handelsübliche Blockgrößen formatiert werden. Dann rücken die Bildhauer dem 600 Millionen Jahre alten Stein mit Säge, Bohrer, Meißel, Feile, Poliermaschine und Schleifpapier zu Leibe. Der Stein, schroff, kantig, brüchig, hart und gewichtig wird so gewandelt um weich, leicht, beweglich, glatt, anschmiegsam und lebendig zu wirken.
Doch nicht nur die Eigenschaften sind der Hingucker. Der Ausdruck oder das was der Stein als neue Persönlichkeit annimmt ist das besondere an diesen Arbeiten. Aufgeteilt in drei Gruppen gibt es die Smörfs, welch in Gemeinschaften erscheinen. Sie sind Wesen die sich scheinbar durch den Raum bewegen und überall auf der Welt ein Zuhause gefunden haben. Sie überdauern die Zeit, wandeln sich von persönlichem Besitz zu kulturellem Erbe der Menschheit. Die Myzoten sind Individuen die sich - jede mit eigenem Charakter - in die Höhe streckt. Laaser Marmor hat die gleiche Lichtdurchlässigkeit die der Mensch auch. Mit der polierten Oberfläche gewinnen die Skulpturen so eine organische Lebendigkeit, man möchte sie unwillkürlich ansprechen oder ihnen die Hand schütteln. Anfassen ist übrigens gewünscht und in eine Figur kann man sich sogar hineinsetzen. Als dritte Werkgruppe gibt es die Helotrophen. Diese kleine Wesen benötigen einen Wirt. Man kann sie in den Arm nehmen, sie wohnen in einer Bierkiste, einer Plastiktüte oder einem ausrangiertem Ölfass. Eine weitere Form, und dies ist noch relatives Neuland in der Bildhauerei, ist die virtuelle Platzierung. An neun Orten in Wilhelmshaven sind QR-Codes verteilt. Über eine App kann man dann vor Ort Skulpturen in Verbindung mit dem jeweiligen Ort erleben. Und anhand von Daten kann man virtuelle Skulpturen mit einem 3D-Drucker in die Wirklichkeit holen.
Neben Ausstellungsführungen mit Christoph Goritz und Radtouren „Auf den Spuren der Smörfs in WHV“ gibt es bis zum Ende der Ausstellung noch Redezeiten, Kunst-Picknick und andere Veranstaltungen. Die genauen Termine und Inhalte werden auf der Seite der Kunsthalle bekannt gegeben. Kunsthalle Wilhelmshaven
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