© by Jonas Wömpner Martin Maecker, Andrea Casabianchi, Leif Scheele |
(Hannover) Eine hintergründige Tanzstunde gibt es derzeit im Theater an der Glocksee unter dem Titel „Was du nicht sagst! - Eine gesellschaftspolitische Tanzstunde“ Mit dieser Inszenierung von Jonas Vietzke ist dem Theater eine sowohl aufrührende als auch charmant-witzige Position gelungen mit der man den Übergang ins neue Jahr wundervoll begehen kann. Ein Thema das uns nicht nur einmal beschäftigt, sondern zentral unser Zusammenleben prägt: Regeln!
Es geht darum welche Regeln es gibt, wie man ihnen freiwillig folgt, dazu gezwungen oder manipulativ eingebunden und verführt wird. Tanzschritte sind Regeln. Doch gelten die immer und in allen Situationen, wenn z.B. die Geschlechter vertauscht, gewandelt oder neu definiert sind? Und dann die Reduktion der Inhalte auf ein bestimmtes Regelwerk. Was nicht von einem Regelwerk erfasst wird, ist das dann automatisch verboten, Haram? Fühlt man sich da nicht gleich peinlich ertappt, verloren? Und dann die ungeschriebenen Regeln: Ist man rechts oder links eingestellt? Und wenn man links ist darf man dann noch Kritik an Linken Machenschaften äußern und vice versa? Das ist alles ganz schön konfus und am Glocksee Theater mit einer erfrischenden Leichtigkeit auf den Punkt gebracht. Große Themen werden nicht an einem Theaterabend beantwortet, aber das Ensemble hier hat mit vitalem Einsatz den Kern der Sache offen gelegt. Wann gingen sie das letzte Mal mit einem breiten Grinsen aus einer Vorstellung und dennoch nachdenklich gestimmt?
Regeln werden gesetzt im guten Glauben die Verhältnisse der Menschen untereinander zu regeln, sie zu ordnen. Damit die sie eben friedlich miteinander leben können. Wenn die Menschen das nicht ganz selbstverständlich können, sondern dafür Anleitungen benötigen, also fehlbar sind, müssen dann Regeln mit aller Härte durchgesetzt werden? Durch Strafe, Vergeltung und Rache? Oder sind das nicht ehr Ideen aus einer längst vergangenen Feudalherrschaft? Und damit sich jeder einzelne Mensch regelkonform verhalten kann, muss er sie doch auch kennen. Scherzfrage: Reiht man alle Regelwerke, Gesetzestexte, Richtlinien, Verordnungen die es in Deutschland gibt aneinander, wie viel Meter Buchrücken ergibt es dann? A) 20 Meter B) 50 Meter C) über 100 Meter Genau, die richtige Antwort lautet C). Und nun schauen sie sich bitte in ihrem Bücherregal um und schätzen wieviele Meter Buchrücken sie jemals gelesen haben. Diese Erkenntnis könnte Ihnen eine enormes Stresspotential bieten. Denn wie kann sich ein einzelnes Individuum in der Gemeinschaft verorten, sich identifizieren, wenn eine schier undurchdringliche Regelflut dagegen steht? Und umgekehrt, wie kann die Gemeinschaft der Menschen über eine einzelne Person ernsthaft, respektvoll und individuell urteilen?
Man kann diese Gedanken noch viel weiter spinnen. Regeln die sich gegenseitig widersprechen wie beispielsweise bei der Rundfunkgebühr. Regeln um Probleme zu lösen, die aber völlig unzureichend sind wie beispielsweise beim aktuellen Klimaschutzpaket. Mit Regeln ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet, wenn sie leichtgläubig und kritiklos angenommen werden. Und hier darf ich noch mal unterstreichen das die "gesellschaftliche Tanzstunde“ im Theater an der Glocksee beschwingend auf etwas aufmerksam macht, das uns alle betrifft.
Die nächste Vorstellung ist am Mittwoch den 18. 12. um 20:00. Im Januar 2020 geht es dann weiter am 3., 4., 8., 22., 24., 25. jeweils um 20:00 Karten gibt es über www.theater-an-der-glocksee.de oder via Tel.: 0511-1613936
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen