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Samstag, 7. März 2015

Schauspiel in Schwarzweiß

© by Schwankhalle
(Bremen) Vor dem Wechsel in der Leitung der Schwankhalle Bremen sollte es noch einmal ein schönes Schauspiel geben. Mit Ferenc Molnars Liliom in der Regie von Anna Bartholdy und Peer Gahmert ist das gelungen. Das engagiert spielende Ensemble hat eine homogene Darstellung einer streitbaren Geschichte gegeben.

Darf man seine Geliebte und Ehefrau schlagen? Höre ich da ein entschiedenes Nein? Ach wäre die Welt und das Leben doch nur so einfach gestrickt, dass man immer eine einfache passende Antwort geben könnte. Das Regisseurteam hält mit einer Art Kunstgriff dem schnellen Urteiler einen Spiegel vor. Alles ist auf der Bühne Schwarz oder Weiß. Von den Tasten am Klavier, über die Kostümierung, bis hin zu den Projektionen raumfüllend über der Szene. Und sogar die Sprache, die Handlung, das Spiel selbst ist in einem schwarzweißen Ton gehalten, oder eben faktisch, ohne miteinander Beziehungen auszuloten, dokumentarisch um auch die kleinste Interpretation ausschließen zu können. Und es ist gut gelungen dennoch ein homogenes Spiel zu erzeugen, dem es nicht an Spannung und Dynamik fehlt. 

Alfred Polgar, der den Text für die Bühne ins Deutsche übersetzt hatte, beabsichtigte gerade das, eine schnörkellos unpathetische Darstellung. In dieser Inszenierung verzichtet das Regisseurduo sogar auf jegliche Requisiten. Die Aufmerksamkeit wird mit strenger Sachlichkeit, aber mit Ironie auf das gesprochene Wort gelenkt. Die etwas nervig altbackene Theatersprache hilft sogar um die Absurdität auf eine künstliche Ebene zu heben. Man kann keinen Satz für bare Münze nehmen, man muss sich ein eigenes Bild machen. Mit dieser etwas spröde anmutenden Form wird der Sensor auf Inhalte gerichtet. Der Held Liliom ist keiner, das soziale Umfeld ist so wie es eben ist, die ethischen Vorstellungen von gut und böse sind offen für einen Diskurs. Obwohl dies Themen sind die die Gemüter, vor allem in einer christlich geprägten Welt, zum kochen bringen können, wird in dieser Inszenierung völlig unaufgeregt auf die Tatsachen geschaut. Eine treffende Wahl in einer Zeit da Mitgefühl oder Empathie gesellschaftlich den Grenzwert Null erreicht haben.


Liliom kommt also nach misslungenem Raub und Selbstmord in eine Art Vorhölle/Vorhimmel. Mit vor Zynismus triefender Kritik an bigotter christlicher Moral wird Liliom die Möglichkeit gelassen seine Taten auf Erden zu korrigieren. Er steht vor der Wahl durch aufrichtige Reue seine Sünden zu bereinigen. Doch er verweigert sich. Gott sei Dank, sonst wäre die Figur völlig unglaubwürdig. Nach 16 Jahren Fegefeuer trifft er dann doch noch einmal auf Frau und Tochter. Im Affekt schlägt er seine Tochter auf die Hand. Diese spürt aber keinen Schlag. Verwirrt fragt sie ihre Mutter „…ob es den möglich sei, dass ein so heftiger Schlag nicht weh tue?“ Und die Mutter antwortet, es sei möglich. Ist das eine Metapher für all die Dinge die man aus Liebe erträgt? Vor allem, wenn man unerfahren jung Mutter wird, in einer Welt die als „bildungsfern“ gilt? Und spannen wir den Bogen ruhig etwas größer. Wie ertragen die Gesellschaften, die grad nicht in einem Krieg verwickelt sind, dass 100.000de Menschen sterben müssen für irgendeinen Gott, und sei es der Mammon. Auch wenn es mit keinem Wort gesagt wird, wird doch deutlich, dass die moralischen Werte nichts wert sind ohne konkreten Bezug zur Realität. Man wird lange suchen müssen um den zu finden der den ersten Stein werfen darf.

Nächste Vorstellung am Sonntag 08.März 20:00 Schwankhalle

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