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Donnerstag, 22. August 2013

Global denken - lokal handeln


(Wanna) Der Titel, Die große Volksverarsche, ist zu harmlos um den Inhalt von Hannes Jaenickes Buch auch nur annähernd zu beschreiben. Oder es gibt keinen Skandal mehr der uns Menschen ergreifen kann, so sehr ergreifen, dass wir in die Lage kommen betroffen zu reagieren um etwas verändern zu wollen. Wir sind gelähmt in Gleichgültigkeit. Wir sind müde von Fleischskandal zu Datenskandal zu Politikskandal usw. gejagt zu werden. Denn wir Konsumenten sind einfach nur Menschen die Leben wollen. Wir sind es Leid mit jedem Einkauf eine neue Verarschung zu erdulden. Vielleicht schlägt aber bald die Ohnmacht um in Wut. Dann raffen wir uns evtl. auf und ergreifen die kleinen Gelegenheiten mit denen uns der Protest gegeben ist, mit dem wir zum Ausdruck bringen können, wie sehr es uns anödet belogen, betrogen missachtet zu werden.

Hannes Jaenicke listet in neun Kapiteln auf wie Industrie und Medien uns zum Narren halten: Verpackungswahn, Banken, TV, Kosmetik, Energiewende, Bekleidung, Automobile, Medizin und Pharmaindustrie und zu guter letzt Weine. Im letzten Kapitel beschreibt Jaenicke, wir Konsumenten haben durchaus auch Mittel zur Hand uns zu wehren. Er stellt diesem Kapitel ein Zitat von Gandhi voran: "Die Menschen zögern oft, einen Anfang zu machen, weil sie fühlen, dass das Ziel nicht vollständig erreicht werden kann. Diese Geisteshaltung ist genau unser größtes Hindernis auf dem Weg zum Fortschritt, ein Hindernis, das jeder Mensch, sofern er nur will, aus dem Weg räumen kann."

Wir bekommen genau das was wir erwarten. Wir erwarten, dass wir verarscht werden und werden es. Dieses Buch aus dem Gütersloher Verlagshaus (ISBN 978-3-579-06636-3) ist aber vor allem für die unter uns geschrieben, die sich informieren wollen um die Erwartung zu formulieren wertvolle Produkte kaufen zu können. So findet man hier Informationen in Hülle und Fülle. Nicht nur die weiterführenden Webadressen um sich individuell zu informieren und Entscheidungen zu treffen ist ein großes Plus in diesem Buch, sondern die unmittelbare Darlegung von Umständen mit denen wir täglich beim Einkauf konfrontiert sind. Wenn in wenigen Wochen Wahl ist haben wir  alle die, wenn auch noch so kleine, Gelegenheit, unserem Unmut Ausdruck zu verschaffen. Die Probleme die Jaenicke beschreibt sind nicht unlösbar, sie sind vielmehr von wenigen unter uns gewollt.

Die Eingangs beschriebene Lethargie kann nach der Lektüre leicht überwunden werden. Jaenicke gibt allerdings keine Handlungsanweisungen, sondern schildert vielmehr dass man sich gegenseitig informieren und unterstützen - und mit kleinen Schritten für eine Verbesserung sorgen kann. Es ist ein Paradebeispiel für den Slogan: Global denken - lokal handeln.

Sonntag, 11. August 2013

Keilschrift, gedruckter Kodex bis zum eBook.


(Wanna) Die Zeit der leichten Urlaubslektüre ist bald wieder vergessen. Mit Beginn der Arbeit wendet man sich sachlicheren, ernsthafteren Themen zu. „Das Buch“ eine illustrierte Geschichte aus dem Gerstenberg Verlag (ISBN 978-3-8369-2697-3) ist dann genau der Titel der beides erfüllt. Vom ersten Code in Ton gedrückt bis zum eBook wird die gesamte Geschichte erzählt. In kurzen Essays mit 266 Illustrationen, davon 214 in Farbe, liefert der Autor Martyn Lyons einen Eindruck über alle wesentlichen Stationen die das geschriebene Wort bis heute ging. Es sind viele, sehr viele Stationen, so viele dass es nicht möglich war auf 224 Seiten zu sehr in die Tiefe zu gehen. Doch selbst mir als altem Büchernarren eröffneten sich hier und da noch Episoden aus der Geschichte, die mir unbekannt waren.
Allen Unkenrufen zum Trotz wird das Buch in seiner gebundenen Form weiter bestehen. Seit über zehn Jahren werden massiv Texte digital erfasst und in verschiedenen Formaten zum lesen angeboten. Doch diese Entwicklung konnte nicht annähernd dem Kodex seine Berechtigung streitig machen. Es ist wahrscheinlicher zu erwarten, dass die technische Entwicklung in ihrer Hast und revolutionärem Fortschritt, den Versuch das Buch abzulösen hinter sich lässt. Im Kapitel Wissen für alle gibt das Buch hierüber Auskunft.
Ein anderes Kapitel befasst sich mit dem Werdegang der Verleger die aus den Druckereien entstanden sind. Weitere Themen sind Buchkunst, Zensur, Urheberrecht, Enzyklopädien, die érsten Bestseller, der Wandel vom Sachbuch zur Belletristik, und natürlich die Entstehung und Entwicklung des Buchdrucks. 
Der Band ist eine Gelegenheit zum Einstieg in die Geschichte des Buches. Im Anhang findet sich ein Glossar und eine Bibilographie mit der man sich in der Thematik vertiefen kann. Es ist aber auch ein schönes Geschenk für Buchliebhaber die noch keinen Zugang zur Entwicklung dieses Mediums haben. Ohne die neuesten Entwicklungen zu übersehen schließt der Autor mit einer interessanten Zusammenfassung: „Wo kaum verlässliche Stromnetze existieren, kann das gute alte Buch all seine Vorteile ausspielen: Es ist tragbar, haltbar und wiederverwendbar, und es braucht weder Batterien noch Wartung.“ Und wenn es einmal „abstürzt“ hebt man es einfach wieder auf und ließt weiter.

Dienstag, 9. Juli 2013

Wo steht das Freie Theater heute?




(Bremerhaven) Aus Protest und Enttäuschung haben vor mehr als zwei Jahrzehnten viele Theaterschaffende den staatlichen Bühnen den Rücken gekehrt um in eigener Regie Theater zu machen. Völlig auf sich gestellt haben diese kreativen Menschen die Theaterlandschaft neu geformt, vielseitig ausgestaltet und mit zahllosen Innovationen auf einen Stand gebracht, dass heute die staatlichen Theater sich gerne dort inspirieren um ihr Publikum zu erreichen. Der transcript Verlag aus Bielefeld legt eine Rückschau über die Entwicklung der Freien Theater vor: Herausgegeben von Eckhard Mittelstädt und Alexander Pinto - Die Freien Darstellenden Künste in Deutschland Diskurse, Entwicklungen, Perspektiven ISBN 978-3-8376-1853-2 zum Preis von 29,80€.
Die 22 Autoren berichten mit sachlicher Klarheit leidenschaftlich über die Entstehung der Freien Theater und deren Entwicklung. Dabei wird deutlich, die Kreativen in der Freien Szene sind mehr als Künstler. Sie sind die Verwaltungsangestellten, Manager, Bühnenbauer/Handwerker, Werbefachleute, Kulturwissenschaftler, Pädagogen, Netzwerker, Vereinsgründer und nicht zuletzt Kulturpolitiker. Oft findet man die vielen Qualifikationen in gehäufter Mehrfachnennung in einer Person. Allrounder! Aus der Not vor keinem noch so abwegigen Job versagend, haben sie alle Aufgaben erledigt um die Darstellende Kunst, ihre Berufung, zu erfüllen. Die einzelnen Beiträge zeugen von einer reifen Kritik und Selbstkritik. Nannten sie sich zu Beginn Freies Theater weil sie sich aus Zwängen befreiten, so sind sie heute in mannigfachen Umständen immer noch gefangen. Sei es dass sie nur 30% ihrer Arbeit für die Kunst einsetzen, oder dass sie selbstausbeuterisch den sozialen Stand des Prekariats geprägt haben; sie denken sogar darüber nach das Attribut „Frei“ aus dem Namen zu entfernen.  
Die einzelnen Beiträge sind gegliedert in: A. Die Freie Darstellende Kunst im gesellschaftlichen Diskurs, B. Das Freie Theater auf dem Weg, C. 20 Jahre Freie Darstellende Künste - Ein Blick auf die Genres, D. Das Freie Theater und seine Strukturen. Ergänzt wird es durch einen umfangreichen Serviceteil mit weiterführenden Literaturhinweisen und Webadressen, so wie kurze Darstellungen der Autoren.
Im Teil C. Genres bekommt man eine Vorstellung von der Vielseitigkeit der Freien Szene. Kinder- und Jugendtheater, Tanz, Puppentheater, experimentelles Theater, Sprechtheater, Musiktheater, Dokumentarisches Theater und die diversen Zwischen- und Übergangsformen. Die verschiedenen Herangehensweisen sprengen die Klassifizierungen. Vor allem weil seit einigen Jahren intensive und grenzüberschreitend nach neuen Ausdrucksformen geforscht wird. Die Einzelkämpfer der ersten Jahre haben sich über Vereinsstrukturen und Interessengemeinschaften Schritt für Schritt organisiert. Aus den Landesverbänden entstand ein Bundesverband der mit unermüdlicher Hingabe erreichte, dass die Freien Theater auch kulturpolitisches Gehör erlangten. Ein großer Raum ist der Förderung gewidmet, deren Struktur und Schwierigkeiten so wie Vorschläge zur Verbesserung.
Ich empfehle dieses Buch nicht nur für die vielen kreativen Menschen im Theater. Es ist auch lesenswert für alle politischen Entscheider und leidenschaftlichen Theatergänger. Transparenz, Offenheit und Beteiligung sind die Schlagwörter mit denen die Freien Theater ihren mutigen Beitrag in die kulturelle Gemeinschaft geben. Das geht uns alle an.

Montag, 3. Juni 2013

Drittes Ego Zooming im TIF


Shang-Jen Yuan
(Bremerhaven) Zum Ende der Spielzeit zeigen die Tänzerinnen und Tänzer des Stadttheaters Bremerhaven ihre eigenen Choreographien im TiF, dem Theater im Fischereihafen. Dann kommen die Tanzliebhaber der Stadt auf ihre Kosten, ein Augenschmaus bei dem die Vielfältigkeit des Balletts gefällig ausgebreitet wird. Am Donnerstag hatte Ego Zooming im 3. Jahr Premiere. Es waren noch Plätze frei in den Reihen der begeisterten Zuschauer.
Müsste ich hinterher ein Thema für diesen Abend angeben, so wäre die Entscheidung leicht: Der menschliche Körper in seiner unermesslichen Vielfalt. Es drängt sich die Frage auf was Tanz eigentlich sei. Das Ego Zooming Ensemble präsentiert unaufdringlich einige Antworten. Die Tänzer sind dankbar, sich der Gnade bewusst das höchste Gut der Menschheit, seinen Körper, in aller Schönheit und unendlichen Wandelbarkeit zu zeigen. Ihre Körper sind federleicht. Ihre Skelette sind  biegsam und elastisch. Alle Körperteile wirken in Harmonie. Musik und Körper werden zur Einheit und gehen in dieser Einheit weit über Musik und Körper hinaus. Allein durchs zuschauen wird mir bewusst, wie viel mehr mein eigener Körper ist als Fleisch und Knochen, welche ich Tag für Tag durch die Gegend schleppe. Auch ich fühle mich federleicht und biegsam wenn mir hier und da ein Laut der Verzückung entweicht. Das muss man nicht fantasieren, es ist real, so real! Die Tänzerinnen und Tänzer zaubern diese Momente auf die Bühne für all die die gewillt sind sich mitreissen zu lassen, die offen und bereit sind den tieferen Sinn von Kunst zu erfahren: Transformation, Hoffnung und Reflektion.
Im Ballett Ensemble hat es einigen Wandel geben. Dadurch wird die Darstellungsvielfalt wie mit einer Frischzellenkur angereichert. Nicht nur dem Nordsee-Zeitungs Redakteur Loskant war zu Schwanensee aufgefallen, dass die Vanaev Choreographien in ihrer Darstellungsvielfalt zu erschöpfen drohen. Beim Ego Zooming III ragten vier Tänzerinnen und Tänzer heraus wie Leuchttürme in einer Neumondnacht. Louisa Poletti zeigt in ihrer eigenen Choreographie „My Little World“ einen spirituellen Bezug in fließenden Harmonien zu Musik von Radiohead. Lidia Melnikova´s Choreographie war eine erfrischende und clowneske Geschichte um „The Princess and the Pea“ die sie zusammen mit Kai Braithwaite spielte. Die jedoch schockierend interessanten Nummern wurden von den neuen Tänzern Oleksandr Shyryayev und Shang-Jen Yuan geboten. Shyryayev ist groß. Wenn er beginnt, weicht der Raum zurück um Platz für Oleksandrs Ausdruck zu schaffen. Er zeigt eine Poesie von einem Gedicht das niemand verstehen kann, nur erspüren, ahnen kann. Shang-Jen dagegen nutzt eine Kommunikation bei der Akteur und Betrachter in ihren Rollen klar aufgeteilt sind. Er gestaltet den Tanzboden mit einer Stellwand und Lichtprojektionen, die durch ihn Dreidimensionalität schaffen und in Frage stellen. Shang-Jen konstruiert ein Bild und lässt dann sein Publikum darüber reflektieren. Seine Choreographie hat eine geistige philosophische Ebene die fremd und ambivalent fesselnd wirkt.
Es gab filmische Gestaltung beim Ego Zooming III in diesem Jahr die hervorzuheben ist. Zwei Clips zeigten Ausschnitte aus den Probenprozessen. Intelligente und einfühlsame Kameraführung, sowie ein präzise gestalteter Schnitt gaben einen tänzelnden Einblick hinter die Kulissen. Ein weiterer Film  mit dem Titel „A Satisfied Mind“ Musik von Jeff Buckley ist Teil einer Choreographie Elizabeth Towles, getanzt von Michael Scicluna und Ensemble. Die Kombination von Filmsprache und Tanz ist sehr gelungen.
Der ca. zweistündige Abend mit einer kleinen Pause verging wie im Flug, Ein Flug wie auf einem Teppich aus Tausendundeiner Nacht. Langer, starker Applaus und befriedete Gesichter zum Schluss. Weitere Vorstellungen gibt es im Theater im Fischereihafen (TiF) am 23. + 24. Juni jeweils um 20:00. Karten gibt es unter 0471-49001 im Stadttheater Bremerhaven.

Montag, 27. Mai 2013

Der nackte Wahnsinn amüsant gespielt


(Bremerhaven) Die Theatertruppe „Markant“ hatte am Samstag Abend Premiere mit der Posse „Pension Schöller“ in der Storm Deel der Theo Lutherstraße 7.  Trotz Mega-Fussball-Ereignis fanden sich viele Zuschauer in der Aula der Theo ein.
Ensemble "Markant" und Regisseurin Anke Hempel
Die Inszenierung von Anke Hempel zeigte ein turbulentes Spiel der beliebten Spielvorlage von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby welches bereits 1890 uraufgeführt wurde. Die Autoren, mehrere Jahre aktiv im Mainzer Carneval-Verein, schrieben ein pointiertes Stück. Wenn es den Amateuren von Markant vielleicht manchmal auch an Präzision fehlte, so glichen sie dies durch Spieleifer und Zusammenspiel aus.
Der Neffe Alfred Klapproth (Nils Richter) will ein Cafe eröffnen und benötigt dazu eine Kapitalspritze von seinem Onkel Philipp Klapproth (Wolfgang Martens). Er wird dabei von seiner Tante Ida Klapproth (Johanna Zimnik) unterstützt. Doch der Onkel knüpft eine Bedingung an den Kredit: Sein Neffe soll ihm dabei behilflich sein eine Nervenheilanstalt kennen zu lernen. Wie geschaffen dafür ist die Pension Schöller, in der sich die schrägsten Charaktere der Stadt einquartiert haben. Da ist der Prof. Bernhardy (Steve Böker) der mit Safari-Erlebnissen prahlt, die poetisch-prosaisch überdrehte Schriftstellerin Josephine Zillertal (Christiane Seeliger), der in seinen Kriegserinnerungen zirkulierende Major von Mühlen (Ruth Taylor). Die Pensionswirtin Frau Schöller (Johanna Zimnik) sorgt sich um ihren Mann Eugen (Britta Dunzik) und um ihre Tochter Franziska (Jordes Jeser) die doch nun endlich unter die Haube muss. Nachdem sich die schrägen Vögel, äh Pensionsgäste, beim Onkel vorgestellt haben nimmt das Schicksal seinen Lauf. Im letzten Akt treffen sich alle auf dem Gut Klapproth in Kyritz und bringen den Onkel in doppeldeutiger Bedrängnis.
Markant besteht aus jüngeren und älteren theaterbegeisterten Amateuren die schon über zehn Jahre oft und in wechselnder Besetzung in Bremerhaven und darüber hinaus aufgetreten sind. Mit einfachen Mittel wie z.B. simplen Paravents und minimalsten Requisiten haben sie eingängige Charaktere entworfen die durch die bunten Garderoben unterstrichen werden.
Weitere Vorstellungen sind für den 29.05. + 31.05. + 01.06. + 05.06. jeweils um 19:30 Uhr und am 02.06. um 16:00 Uhr vorgesehen. Karten gibt es an der Abendkasse oder können im Kulturbüro Bremerhaven bestellt werden: 04706 - 1386

Montag, 20. Mai 2013

Theatergruppe „Markant“ spielt „Pension Schöller“


(Bremerhaven) Die Posse „Pension Schöller“ von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby ist seit seiner Uraufführung 1890 eine beliebte Spielvorlage für Berufs-, Amateur- und Schülertheater. Im Mittelpunkt steht der wohlhabende Gutsbesitzer Klapproth, dessen innigster Wunsch es ist, einmal eine Nervenheilanstalt von innen kennen zu lernen. Sein Neffe, der dringend Geld für die Gründung eines Künstlercafés benötigt, beschließt zusammen mit seiner pfiffigen Freundin, den Wunsch des Onkels Wirklichkeit werden zu lassen, indem sie die etwas exzentrischen Gäste der „Pension Schöller“ als „Irre“ ausgeben. Es kommt zu einer ganzen Reihe von Situationen absurder Komik, die ihren Höhepunkt erreichen, als die Pensionsgäste, wie Klapproth meint, aus der Heilanstalt „ausgebrochen“, in seinem friedlichen Gutshof einfallen. Schließlich muss er erkennen, dass er das Opfer einer Intrige geworden ist.

Die Theatertruppe Markant ist eine Gruppe jüngerer und älterer Theaterbegeisterter, die seit mehr als zehn Jahren ernste und heitere Stücke zur Aufführung bringt, so u. a. eine Bearbeitung von Goldonis „Mirandolina“, Borcherts „Draußen vor der Tür“ und zuletzt 2012 Wilders „Wir sind noch einmal davongekommen“. Auch bei der „Langen Nacht der Kultur“ und beim Lichterfest im Speckenbütteler Park haben Mitglieder  der Gruppe mehrmals mitgewirkt. Seit einigen Jahren finden die Proben und Aufführungen in der „Theo“ statt.

Die Premiere von „Pension Schöller“ in der Regie von Anke Hempel ist am 25. 05. 2013 um 20 Uhr in der Aula der Theo, Lutherstr. 7, 27576 Bremerhaven. Karten für 7 €, erm. 5 € gibt es an der Kasse.

Sonntag, 12. Mai 2013

Friedrich Hebbels Maria Magdalena in Bremerhaven


(Bremerhaven) Nahe an der noch nicht erfundenen Gattung „Hörspieltheater mit Symbol-und Zeichensprache“ hielt gestern Abend im Stadttheater Bremerhaven Thomas Oliver Niehaus´Maria Magdalene Premiere. Mit dem bürgerlichen Trauerspiel wurde zumindest der Bildungsauftrag, mit der in Deutschland als minderwertig geltenden Pädagogik, erfüllt.
Minimalkonsens - die Geschichte: Klara (Meret Mundwiler) hatte ersten Sex mit Leonhard (Andreas Möckel). Der wird aber erst von ihrem Vater Anton (Kai Krause) akzeptiert wenn er einen Job hat. Aber Leonhard ist viel mehr hinter der Mitgift her als hinter Klara. Als er erfährt, dass es gar keine Mitgift gibt, lässt er Klara fallen wie eine heiße Kartoffel. Mittlerweile hat er auch schon mit der Tochter des Bürgermeisters eine lohnenswertere Partie am Haken. Antons Sohn Karl (Martin Bringmann) wird falsch verdächtigt Juwelen gestohlen zu haben. Als der Haftbefehl vollstreckt wird, erleidet die Mutter (Isabel Zeumer) einen Herzstillstand und stirbt. Anton ist mächtig enttäuscht. Sohn ein Lump?! Frau Tod?! Freier verpisst sich?! Alle Hoffnung liegt nun auf der Tochter, sie solle ihrem Vater nur ja keine Schande machen. (Doch wir wissen was er nicht weis; sie ist schon schwanger) Doch er verlangt dass sie in die Hand der sterbenden Mutter schwöre, sie werde ihm keine Schade bringen. Klara, in aufrichtiger Loyalität, ist zerrissen zwischen Vater (der widerum schwor sich zu töten falls sie Schande über ihn brächte), Friedrich (Walter Schmuck), (Den Burschen den sie wirklich liebt) und Leonhard (welcher ihre Ehre retten könnte) der sie doch heiraten möge nach dem sich zeigte, dass Karl unschuldig am Juwelenverlust ist. 
Klara ist die einzige die kein eigenes Leben hat. Sie ist nur der Katalysator für die Erfüllung der Leben der Männer, einer Spezies die so unselbständig ist, das sie ohne die Stütze durch christlichen Glauben und der durch Heirat verpflichteten häuslichen Küchenhilfe nicht existieren kann.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Klaras Bitte an Leonhard wird mit aller Härte abgelehnt. Friedrich stellt Leonhard zum Duell. Und Karl will nach der U-Haft nun zur See fahren und dort sein Glück, und vor allem die Befreiung vom väterlichen Elternhaus suchen. Am Ende verliert der Patriarch alles. Hebbel war eben auf seine Art schon ein fortschrittlicher Geist (UA 1846).
Minimalbewegung und Zeichengeunkel: Sprechtheater muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Schauspieler sich nicht bewegen dürfen. Es bedeutet vielmehr, dass sie durch die Bewegung ihres Körpers eine Kommunikation üben die dem gesprochenen Wort einen Sinn gibt der weit über das Wort selbst hinaus geht. Durch das Spiel der Mimen werden mehr als nur der Gehörsinn an der Wahrnehmung beteiligt. Doch das ist hier nicht gegeben. Allein Kai Krause versteht es mit Bravour dem Wort eine Bedeutung beizugeben. Auch er ist in seinem Bewegungsstil ganz ruhig, schreitet mit wenigen Schritten über die Bühne macht mal hier und da eine Drehung, alles abgesprochen, abgezählt und auf den Punkt genau. Doch Krause fügt eine sehr wichtige Sache hinzu: Er lässt die Worte wie einen lebenswichtigen Atem durch seinen Körper wandern, und wenn sie die Lippen verlassen spürt man jede Regung die dieser Atem im Vater bewirkte. Krause kommuniziert mit mehr als einem Sinn. Er macht uns im Theatersessel betroffen, wir fühlen mit ihm. Warum sehen wir das nicht bei Meret Mundwiler in der Verkörperung der Klara? Klara ist die Heldin dieses Schauspiels!
Man darf nun nicht davon ausgehen das sich nichts auf der Bühne bewegt. Keineswegs. Da ist eine organisierte Dynamik zu erkennen. Das Bühnenbild hauptsächlich bestehend aus einem Baugerüst (was mag das wohl bedeuten?) wird beklettert - rauf und runter. Warum??? Vielleicht um dem Auge des Betrachters etwas Bewegung anzubieten - damit er nicht einschlafen möge? Dynamik durch Spannung tritt auch auf: Klara fällt bei einem ihrer Gänge fast von der Treppe weil Andreas Möckel ihr keinen Platz ließ. Ein Schreckens „Ach!!!“ ging durchs Publikum. Sind das die Methoden um ein Publikum bei der Stange zu halten? Oder ist es die Zeichen- oder Symbolsprache die allerorten erscheint? Z.B. Oben am Gerüst ist ein Richtkranz, oh was mag das bedeuten,? Auf dem Gerüst oben links ist ein blauflackerndes Licht, uuh ein technischer Defekt oder Mystik? Der weiße Gehrock von Leonhard ist ganz verstaubt auf einer Seite, ist das Dreck auf seiner Weste? Der Gerichtsdiener tritt mit E-Gitarre auf, was bedeutet das nun schon wieder? Die Tote Mutter tritt auf und spricht sogar - aus dem Grab oder ins Gewissen - man weis es nicht. Wolfram, ein Mann, wird von Kika Schmitz dargestellt, ein Hinweis auf die weibliche Seite des (Neben)Charakters?
Der Bewegungsminimalismus wird so weit getrieben das nicht einmal eine Pause möglich ist. Hitchcook hat uns anderthalb Stunde zugestanden als Zeiteinheit für eine Blasenfüllung. Thomas Oliver Niehaus erweitert das auf satte zwei Stunden. Kein Wunder dass viele im Publikum auf die Uhr, aufs Handy schauten und auf den Sitzen zu rutschen begannen. Aber vielleicht war auch das nur ein Trick um die Zuschauer wach zu halten
Am Ende zollte das Publikum einen mässig langen Premieren-Applaus der deutlich und verdient anschwoll als Kai Krause und Meret Mundwiler sich verbeugten.