Inh. Friedo Stucke, Kastanienbogen 8 in 21776 Wanna  eigene.werte@t-online.de

Montag, 30. März 2015

Die Frage auf Dada ist Wowo

Christian Bergmann & Kathrin Steinweg
(Bremen) Im Falstaff war eine Stimmung wie sie nicht besser hätte sein können. Der Verein StückWerk Bremen e.V. gab gestern Abend eine szenische Lesung unter dem Titel: „Manche Liebesgeschichten enden mit Flecken an den Wänden“. Das Thema Liebe, Sex, (auch gleichgeschlechtlicher Art) und die damit verbundenen Gefühle kamen dabei in „Wowoistischer“ Weise zur Geltung.

Es lag eine leicht nervöse Stimmung in der Luft. Grund war aber nicht etwa das bis auf den letzten Platz ausverkauft Haus. Auch dass Florian Oberlechner überraschend die musikalische Begleitung des Abends allein bestreiten musste, weil der Komusiker absagen musste, war nicht weiter tragisch. Es lag dieses Knistern in der Luft wenn Menschen eine Herzensangelegenheit vortragen wollen, wenn sie etwas riskieren. Kathrin Steinweg und Christian Bergmann war genau diese Spannung anzusehen, zumal auch noch der Dichter, Friedhelm Kändler, anwesend war. Doch es bestand überhaupt kein Grund zur Sorge. Dem ersten Text fehlte ein Buchstabe. Das brachte die kuriosesten Drehungen und Wendungen hervor. Als dann noch weitere Buchstaben abhanden kamen wurde die Sache umso interessanter und witziger. Es ging um die Figur die mit den Jahren einer Veränderung unterliegt. Oder um Märchen die miteinander verwoben zu einem handgreiflichen Ende führten, oder um eine Kurzfassung und auf den Punkt gebrachte Rückschau eines Drama im Theater, und um die freie Assoziation von Früchten und Geschenken die man liebenswerten Personen machen konnte.

Der Dichter, Friedhelm Kändler, der als stiller Beobachter aus der letzten Reihe seinen Worten lauschte und einen zufrieden amüsierten Eindruck machte, ist der Begründer der Stilrichtung des „Wowo“ in Anlehnung an „Dada“. Es ist ein virulentes Spiel mit Buchstaben, Worten und scheinbaren Inhalten. Der gebürtige Hannoveraner begann im Alter von 30 Jahren als selbständiger Dichter, Liedautor und Bühnenkünstler. Etwa 20 Jahre später und nach etlichen Buchveröffentlichungen erhielt er verschiedene Preise: 1997 Wilhelm-Busch-Preis, St. Ingberter Pfanne - Publikumspreis 2001 und 2002 den Wilhemshavener Knurrhahn und den Pfungstädter Knopf.


Florian Oberlechner
Die musikalische Begleitung auf dem Akkordeon kam von Florian Oberlechner. Mit einer dem Dada- oder Wowoismus angepassten Improvisationen verlieh er dem Abend eine stimmige Form. Das Format mit dem StückWerk Bremen zeitgenössische Literatur professionell vorträgt kann man ohne Einschränkung empfehlen. Das Programm „Manche Liebesgeschichten enden mit Flecken an den Wänden“ gibt es noch einmal am 30.04. im Mex Coiffeur und am 18.06. im Kukoon-Kulturcafe in Bremen. WEITERE INFOS

Sonntag, 29. März 2015

Alle sieben Wellen von Theater Curioso

(Darmstadt) Nach „Gut gegen Nordwind“ geht es jetzt weiter mit „Alle sieben Wellen“ nach dem Erfolgsroman von Daniel Glattauer.

Emmi: »Hallo Leo, hast du neue Mieter in deiner Wohnung? Falls du in Boston bist, wundere dich nicht über die Stromrechnung. Die haben die ganze Nacht das Licht an. Schönen Abend, schönes Leben. Emmi.«
Leo: »Liebe Emmi, dein Gespür ist verblüffend. Ich bin seit nicht einmal einer Woche wieder im Lande. Was den Strom betrifft: den verbrauche ich selbst. Ich wünsche dir, wenn auch fünf Monate verfrüht: Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!«
Mit diesem scheinbar belanglosem Dialog beginnt die alte Freundschaft wieder. Ein einzelner Buchstabe hat dazu geführt, dass Emmi und Leo sich im Internet kennen lernten, ein einzelner Buchstabe führte dazu, dass sie sich nie getroffen haben. Emmi hat Familie, Leo knabbert noch an seiner letzten Beziehung. Im Schutz der Anonymität haben sie sich Tausende Mails geschrieben, haben intensiv Gefühle ausgetauscht, sich in einander verliebt, gestritten und versöhnt bis Leo die Reißleine zog und nach Boston auswanderte. Doch irgendwann sieht Emmi Licht bei Leo ...


Wie es weitergeht mit dieser zeitgemäßen (Nicht-)Beziehung präsentiert das Theater Curioso im Theater Moller Haus, 64283 Darmstadt, Sandstr. 10 am 16., 17. + 23. , 24. April sowie am 08. + 09 Mai 2015 jeweils um 20:00. Tickets unter 06151 - 26540

Samstag, 28. März 2015

Farbengewaltige Essenz von Cornelius Völker

Teebeutel Aquarell © by Cornelius Völker
(Emden) Dynamisch mit wenigen Pinselstrichen den Kern, die Seele eines Motivs getroffen. Mit überwältigender Farbwahl schafft Cornelius Völker Bilder die vor Vitalität zu tanzen scheinen. Noch bis zum 19. April zeigt die Kunsthalle Emden die Ausstellung „Kronkorken, Sprotten und eine Schachtel Aspirin“. Der Künstler ist bekannt für seine meist großformatigen farbenprächtigen Gemälde. Es kostete einige Überredungskunst um Völker davon zu überzeugen die jetzt ausgestellten Werke zu präsentieren. Eine wunderbare Gelegenheit sich mit den Vorstudien zu verschiedenen Werken Völkers zu beschäftigen.

Aquarelle und Ölmalerei auf meist kleinformatigen Blättern zeigen in Dutzenden Exemplaren wie sich ein Motiv für und durch den Maler entwickelt. Ein Raum ist allein einem angebissenem Apfel gewidmet. in dieser Serie umkreist er das Motiv von allen Seiten. Er probt, ob das Motiv grundsätzlich bildwürdig ist und auf die Leinwand übertragen werden kann. Eine große Gruppe Aquarelle und Ölarbeiten zeigt gewöhnliche Alltagsgegenstände wie Lebensmittel, Arrangements von Flaschen und Cocktailgläsern, von Hausmüll und ähnlich achtlos hingeworfenen abgelegten Kleidungsstücken. Eine weitere Werkgruppe beschäftigt sich mit Menschen und deren Tätigkeiten. Z.B. Männer und Frauen liegen, stehen, sitzen in eigentümlichen, zunächst bizarr wirkenden jedoch üblichen Haltungen, die jedem vertraut sind.

Flaschen © by Cornelius Völker
Den Betrachter fasziniert die Vielfalt der Motive und der künstlerischen Umsetzungen: die Blätter sind farbgewaltig, aber auch fein und zart, sie sind irritierend banal, aber auch visuell höchst anziehend – und sie zeugen teils von subtilem Witz. Die Wahl zwischen Aquarell- oder Ölfarbe, deren Wirkung, Verhalten oder Entfaltung auf dem Malgrund gehen korrespondieren mit dem Sujet. Dabei probiert und testet Cornelius Völker zwar aus, überlässt aber doch nichts dem Zufall. Auch wenn die Papierarbeiten bisweilen vorrangig Mittel zum Zweck sind, strahlen sie jedoch nie etwas Improvisiertes, Vorläufiges oder gar Unschlüssiges aus. Im Gegenteil, sie sind endgültig und damit ein eigenständiger, bedeutender Teil seines Schaffens, der den Gemälden in Nichts nachsteht.
Diese Arbeiten waren ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, doch für diese Ausstellung öffnete Cornelius Völker nun seine Grafikschränke. Neben rund 180 Arbeiten auf Papier ermöglicht die Gegenüberstellung mit 10 Leinwandarbeiten einen Vergleich der Motive und Techniken.

Mittwoch, 25. März 2015

Soiree zur nächsten Ballett-Premiere

Probenstill © by Nastasja Fischer
(Oldenburg) Bevor am 17. April die Internationalen Tanztage starten, feiert die BallettCompagnie des Staatstheaters Oldenburg selbst noch Premiere: Am 10. April hebt sich im Großen Haus das erste Mal der Vorhang für „Mosaik in der Nacht/ Jurassic Trip“, zwei Uraufführungen von Chefchoreograf Antoine Jully.

Zu der Musik der beiden zeitgenössischen französischen Komponisten Hugues Le Bars und Guillaume Connesson hat Jully zwei ganz unterschiedliche Ballette entwickelt. Jully lässt seine Uraufführung in der Nacht spielen, in der alles anders ist. „Wenn man sich an seine Träume erinnern kann, begreift man, wie merkwürdig unser Unterbewusstsein ist. Hugues le Bars lässt der Imagination freien Raum. Es gibt keine Grenzen.” Grenzüberschreitend ist auch der zweite Teil des Abends. Die Uraufführung „Jurassic Trip“ dreht das Rad der Erdgeschichte um etwa 200 Millionen Jahre zurück in die Jurazeit.

Wer bereits vorab einen Einblick in diese spannende Produktion erhalten möchte, ist herzlich eingeladen zur Soiree am Dienstag, den 31. März um 18.15 Uhr im Großen Haus. Antoine Jully und Ballettdirektor Burkhard Nemitz werden über die Entstehung und Entwicklung des Stückes sprechen und danach einen Einblick in die Probenarbeit gewähren. Der Eintritt ist frei.

Freitag, 13. März 2015

SPINS/CIRCLES/ABSTRACTS - Christian Haake

Kabinett, grafisch, 2015 © Tobias Hübel
(BremerhavenKunsthallen sind baugeschichtlich eine vergleichsweise junge Gebäudegattung. Sofern sie eigens für die Präsentation von Kunst errichtet wurden, waren die „Palais de beaux art“ des 19. Jahrhunderts zumeist neobarocke historisierend Stuck verzierte Orte der Muße. Architektonisch harmonisch proportioniert und wertig geschmückt boten sie dem hären Ideal des Geistigen einen Schutzraum, einen vermittelnden Rahmen gegenüber den Unbill, der Banalität und der Rohheit des Manchester Kapitalismus der sich globalisierenden Industriegesellschaft.

Doch im Zuge der Moderne geriet der schützende, vermittelnde Rahmen in die Kritik. Ein aufrichtiger Gedanke, eine Idee, ein künstlerischer Ausdruck musste allein im Chaos des Weltenwerks bestehen oder untergehen. Dazwischen gab es nichts. Das Ornament wurde zum Verbrechen und Schönheit ergab sich nun aus der Kraft der Wahrhaftigkeit. Offenheit und Transparenz an Stelle eines vorgetäuschten Scheins, materialgerechte Verwendung statt eines eklektizistischen Wertebezugs wurden zur Grundlage der Architektur einer humaneren Welt von Gleichberechtigung und Mitbestimmung.

In dieser ideengeschichtlichen Tradition entstand auch die Kunsthalle Bremerhaven von 1964: Transparent durch eine umlaufende Fensterfront im Erdgeschoss, funktional gegliedert im Obergeschoss und innen sowie außen wahrhaftig in der Sichtbarkeit der verwendeten Baumaterialien.

Allerdings veränderte sich nicht nur die Architektur der Kunsthallen. Auch ihre Nutzung erfuhr einen Wandel. Mit der Konzeptkunst wurde die Bezugnahme auf die Umgebung zur künstlerischen Praxis. Selten ist etwas nur so, wie es auf den ersten Blick hin scheint. Das Infrage stellen von Gewissheiten war schon immer ein probates Mittel der Kunst und durch mehr oder minder radikale Eingriffe transformierten die Künstler die Ausstellungsräume immer häufiger von einer vermeintlich neutralen Bühne ihrer Werke zum Objekt ihrer Kunst selbst.

So auch der Künstler Christian Haake: „Christian Haakes Arbeiten überzeugen durch eine große Eigenständigkeit im Medium der Installation und führen auf intelligente und durchdachte Weise unterschiedliche inhaltliche Stränge zusammen. Der Raum, in dem er seine Werke positioniert, spielt dabei eine wesentliche Rolle, indem er in seinen Charakteristika aufgenommen und gespiegelt wird. Der vorgefundene Raum wird quasi nutzbar gemacht für seine Inszenierungen. Ort und Arbeit fügen sich so zu einer Kulisse zusammen, die die Sprache des Kinos zitiert und in ihren unerfüllbaren Ankündigungen einen Sehnsuchts- und Imaginationsraum eröffnet.“ (Zit. aus der Begründung zur Verleihung des Bremer Förderpreises für bilden Kunst) Die Eröffnung ist am 15. März 2015 um 11:00.


Christan Haake, 1969 in Bremerhaven geboren, studierte zunächst Kunstwissenschaften und Philosophie an der Universität Bremen. Ab 2003 schloss er ein Kunststudium an der Hochschule für Künste in Bremen an. Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland sowie eine Vertretungsprofessur folgten. Für seine subtilen, handwerklich präzisen Transformationen mehrfach ausgezeichnet, präsentiert der Künstler in der Ausstellung SPINS/CIRCLES/ABTRACTS nun erstmals eine repräsentative Auswahl seiner Arbeiten - in der Kunsthalle Bremerhaven. 

Donnerstag, 12. März 2015

28 Werke vollendet - Ausstellung in der Wallerei

(Bremen) Über ein Jahr haben 28 Künstlerinnen und Künstler an dem Gemeinschaftsprojekt „Ich sehe was, was du nicht siehst.“ gearbeitet. Am 09. April ist nun die Eröffnung der Ausstellung dieser Werke um 19:00 in der Wallerei in Bremen Walle. Zur Begrüßung spricht Delia Nordhaus. Die Initiatorin Conny Wischhusen gibt eine Einführung zu diesem Projekt.

28 Künstlerinnen und Künstler aus Hamburg, Bremen/Bremerhaven und dem Umland haben je zwei Wochen Zeit gehabt eine künstlerische Arbeit im Format DIN A4 herzustellen. Nach Fertigstellung sendete es die jeweilige Künstlerin oder der Künstler zum nächsten in der Liste, die vorab festgelegt wurde. Dabei inspiriert das ein Kunstwerk die jeweils folgende Künstlerin oder Künstler, und antwortet in einer der zugelassenen Techniken: Malerei, Grafik, Fotografie oder Collage. Die Fertigstellung wurde dann jeweils durch posten in einer geheimen facebook-Gruppe bekannt gegeben. Die Originale wurden also bisher noch nicht öffentlich gezeigt. Auch die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben noch nicht die Originale gesehen. In diesem Projekt wird die isolierte virtuelle Welt mit den eigenen Mitteln aufgehoben und in die analoge Realität überführt. Viele der Teilnehmenden kennen sich überhaupt nicht und werden sich bestenfalls auf der Ausstellungseröffnung zu ersten Mal begegnen. 

Beteiligt an diesem Projekt waren die folgenden Künstlerinnen und Künstler in der Reihe wie das Projekt durchgeführt wurde.
1. Conny Wischhusen / Bremen
2. Ulrike Miesen-Schürmann / Bremen
3. Doris Haders / Bremerhaven
4. Ingeborg Rath / Bremerhaven
5. Margitta Sündermann / Loxstedt
6. Gudrun Eikelberg / Bremen
7. Rolf W. Krooß / Bremerhaven
8. Sven Willms / Bremerhaven
9. Regina Thier-Grebe / Stotel
10. Ulrich Graf-Nottrodt
11. Hilke Leu / Bremerhaven
12. Markus Cheong-Wallrich / Bremerhaven
13. Roland Lotz / Bremerhaven
14. Inge Schumacher / Bremerhaven
15. Bärbel Ricklefs-Bahr / Schiffdorf
16. Christian Plep / Bremen
17. Ines Liniewicz / Syke
18. Dorothea Kokot-Schütz / Loxstedt
19. Günter Röpke / Bremerhaven
20. Monika Wolf / Bremerhaven
21. Delia Nordhaus / Bremen
22. Hilke Sens / Langen
23. Ruth E.E. Cordes / Syke
24. Andina Frey / Bremen
25. Christiane Caroline Möller / Hamburg
26. Lissi Jacobsen / Bremerhaven
27. Friedo Stucke / Wanna
28. Kerstin Graf / Bremen


Die Ausstellung kann bis zum 9. Mai 2015 in der Wallerei im Walle-Center besucht werden. Kontakt für weitere Informationen Wallerei oder bei Delia Nordhaus 0174 - 643 21 84

Samstag, 7. März 2015

Schauspiel in Schwarzweiß

© by Schwankhalle
(Bremen) Vor dem Wechsel in der Leitung der Schwankhalle Bremen sollte es noch einmal ein schönes Schauspiel geben. Mit Ferenc Molnars Liliom in der Regie von Anna Bartholdy und Peer Gahmert ist das gelungen. Das engagiert spielende Ensemble hat eine homogene Darstellung einer streitbaren Geschichte gegeben.

Darf man seine Geliebte und Ehefrau schlagen? Höre ich da ein entschiedenes Nein? Ach wäre die Welt und das Leben doch nur so einfach gestrickt, dass man immer eine einfache passende Antwort geben könnte. Das Regisseurteam hält mit einer Art Kunstgriff dem schnellen Urteiler einen Spiegel vor. Alles ist auf der Bühne Schwarz oder Weiß. Von den Tasten am Klavier, über die Kostümierung, bis hin zu den Projektionen raumfüllend über der Szene. Und sogar die Sprache, die Handlung, das Spiel selbst ist in einem schwarzweißen Ton gehalten, oder eben faktisch, ohne miteinander Beziehungen auszuloten, dokumentarisch um auch die kleinste Interpretation ausschließen zu können. Und es ist gut gelungen dennoch ein homogenes Spiel zu erzeugen, dem es nicht an Spannung und Dynamik fehlt. 

Alfred Polgar, der den Text für die Bühne ins Deutsche übersetzt hatte, beabsichtigte gerade das, eine schnörkellos unpathetische Darstellung. In dieser Inszenierung verzichtet das Regisseurduo sogar auf jegliche Requisiten. Die Aufmerksamkeit wird mit strenger Sachlichkeit, aber mit Ironie auf das gesprochene Wort gelenkt. Die etwas nervig altbackene Theatersprache hilft sogar um die Absurdität auf eine künstliche Ebene zu heben. Man kann keinen Satz für bare Münze nehmen, man muss sich ein eigenes Bild machen. Mit dieser etwas spröde anmutenden Form wird der Sensor auf Inhalte gerichtet. Der Held Liliom ist keiner, das soziale Umfeld ist so wie es eben ist, die ethischen Vorstellungen von gut und böse sind offen für einen Diskurs. Obwohl dies Themen sind die die Gemüter, vor allem in einer christlich geprägten Welt, zum kochen bringen können, wird in dieser Inszenierung völlig unaufgeregt auf die Tatsachen geschaut. Eine treffende Wahl in einer Zeit da Mitgefühl oder Empathie gesellschaftlich den Grenzwert Null erreicht haben.


Liliom kommt also nach misslungenem Raub und Selbstmord in eine Art Vorhölle/Vorhimmel. Mit vor Zynismus triefender Kritik an bigotter christlicher Moral wird Liliom die Möglichkeit gelassen seine Taten auf Erden zu korrigieren. Er steht vor der Wahl durch aufrichtige Reue seine Sünden zu bereinigen. Doch er verweigert sich. Gott sei Dank, sonst wäre die Figur völlig unglaubwürdig. Nach 16 Jahren Fegefeuer trifft er dann doch noch einmal auf Frau und Tochter. Im Affekt schlägt er seine Tochter auf die Hand. Diese spürt aber keinen Schlag. Verwirrt fragt sie ihre Mutter „…ob es den möglich sei, dass ein so heftiger Schlag nicht weh tue?“ Und die Mutter antwortet, es sei möglich. Ist das eine Metapher für all die Dinge die man aus Liebe erträgt? Vor allem, wenn man unerfahren jung Mutter wird, in einer Welt die als „bildungsfern“ gilt? Und spannen wir den Bogen ruhig etwas größer. Wie ertragen die Gesellschaften, die grad nicht in einem Krieg verwickelt sind, dass 100.000de Menschen sterben müssen für irgendeinen Gott, und sei es der Mammon. Auch wenn es mit keinem Wort gesagt wird, wird doch deutlich, dass die moralischen Werte nichts wert sind ohne konkreten Bezug zur Realität. Man wird lange suchen müssen um den zu finden der den ersten Stein werfen darf.

Nächste Vorstellung am Sonntag 08.März 20:00 Schwankhalle

Maori in Berlin

Gottfried Lindauer: Mrs Paramena, ca. 1885. 
(Berlin) In der 3. Etage der Alten Nationalgalerie in Berlin sind eine beeindruckende Anzahl Maori Portraits von Gottfried Lindauer (1839-1926) ausgestellt. Seine Werke sind außerhalb Neuseelands fast unbekannt. Es ist das erste Mal, dass die Nachfahren der dargestellten Personen zusammen mit Haerewa (Wissenschaftler und Künstler, die als Berater der Auckland Art Gallery Toi o Tamaki tätig sind) ihre Erlaubnis erteilt haben, die Bilder außerhalb von Aotearoa/Neuseeland zu zeigen. Die Gemälde haben Neuseeland bisher nicht verlassen, weil die Nachfahren der im Porträt dargestellten Personen das Gedenken an die Ahnen lebendig bewahren und die Verbindung der Generationen zu Abstammung, Geschichte und Identität bis heute vergegenwärtigen. Was den Sinneswandel begründete ist nicht weiter beschrieben. 
Gottfried Lindauer, 1839 in Pilsen (heute Tschechien) geboren, ist einer der wenigen Maler des späten 19. Jahrhunderts, der sich in seinem Werk beinahe ausschließlich der Darstellung einer indigenen Bevölkerung, der Maori in Neuseeland, im Porträt und Genrebild widmete. Gottfried Lindauer wurde an der Wiener Kunstakademie ausgebildet. Leopold Kuppelwieser, Josef von Führich und Carl Hemerlein waren seine Lehrer. Durch die populärer werdende Fotografie war die Auftragslage in Pilsen nicht sehr gut und es drohte die Einberufung zum Militärdienst im ungarisch-österreichischen Krieg. Lindauer schiffte sich in Hamburg zur Auswanderung ein.
Er erreichte im August 1874 den Hafen von Wellington in Neuseeland, siedelte in der Handelsstadt Auckland und traf hier auf seinen Förderer, den Geschäftsmann Henry Partridge, der die Maori-Kultur bewahren wollte.

Die Bilder sind alle in einem Stil mit dunklem Hintergrund gehalten. man muss schon sehr genau schauen um etwas über die Personen zu erfahren die mit einem fast neutralem Ausdruck schauen. Die Bilder sind nach Fotografien entstanden. Das neue Medium hatte sicherlich eine Auswirkung auf den Blick der Portraitierten. Die Bilder sind mit einem ausführlichen Text beschrieben. Anders könnte man die symbolischen Utensilien von Kleidung, begleitende Gegenstände und Devotionalien nicht verstehen. Es gibt Tafeln die den geschichtlichen Zeitraum beschreiben. Das ist wichtig um nachzuvollziehen wie sich der Wandel in Kleidung und Tattoos, Haarpracht und Haltung begründet. Eine sehr informative Ausstellung die noch bis 12. April 2015 besucht werden kann.

Mittwoch, 4. März 2015

Kleine Erfolgsgeschichte der „Kultur-News


(Wanna) Das war ein überraschender Erfolg. Die Kultur-News ist als neues Print Medium in der Theater und Kunstwelt angekommen. Wo immer ich das Heft in den vergangenen Wochen präsentieren konnte, erlebte ich positiven Zuspruch. Die immer wieder genannten Punkte waren: Ein Magazin, das als Schwerpunkt Freies Theater berücksichtigt, hat gefehlt. Das Format ist auffällig und liegt angenehm in der Hand. Der Inhalt ist ausgewogen und ohne Schnörkel. Da fiel mir schon ein Stein vom Herzen. Immerhin steckten einige Monate Arbeit und literweise brodelndes Herzblut in diesem Magazin. Es hätte ja auch ein Flop werden können.

Immer wieder wurde mir Mut zugesprochen mit der Kultur-News weiter zu machen. Denn es war jeden sofort klar, damit kann man kein Geld verdienen. Und leider trifft das auch zu. Einkünfte mit Anzeigenwerbung ist nahe Null. Der Vertrieb über Kioske in Supermärkte und Straßen und Einkaufszentren ist ebenfalls nahe null. Denn das Heft wurde zwar ausgeliefert aber nicht in die Regale gestellt. Zu finden war die Kultur-News an Bahnhöfen und Flughäfen. Dieses Angebot werde ich weiter ausbauen und dazu noch weitere Buchhandlungen werben, die das Magazin gut sichtbar zum Verkauf aufstellen. Allerdings ist die verlässlichste Bezugsquelle das Abo. Und letztendlich ist das auch die Einkünfte die den Fortbestand der Kultur-News garantieren. Das Ziel ist 2000 Abo´s zu verkaufen. Dann kann die Kultur-News langfristig am Markt bleiben, einen fundierten Kulturjournalismus garantieren, aufwendige Recherchen durchführen und vor allem über die Themen berichten die der Mainstream fallen lässt.

Es ist das erklärte Ziel die hochwertigen künstlerischen Aktivitäten der Basis zu fördern und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Was künstlerisch hochwertig ist entscheidet sich aus dem was mir von Theaterschaffenden und bildenden Künstler sowie Literaten zugetragen wird, meiner eigenen Spürnase und vor allem der Reaktion, die Sie, die Leser, auf die Artikel geben. Die Kultur-News gibt eine Chance bevor marktrelevante Entscheidungen getroffen werden. Nicht nur junge Künstler bringen neues in die Welt. Es gibt auch risikoreiche Innovationen von gestandenen Künstlern, die hier in der Kultur-News eine Stimme verdienen.

Mit der Nummer 008 erschien die Kultur-News am 15. Januar erstmals als Heft. Mit 40 Seiten war das noch eine recht schmale Version. Die nächste Ausgabe mit der Nummer 009 erscheint am Donnerstag den 16. April. Dann ist der Umfang schon auf 52 Seiten angewachsen. Es steckten noch eine Menge Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Medium. Die werde ich nach und nach nutzen. Daher wird sich noch einiges an diesem Magazin ändern. Sie als Leser können gerne mit Vorschlägen diese Entwicklung mit gestalten.


Auf diesem Blog erscheinen aktuelle Berichte die im Heft nicht erscheinen. Das Heft gibt Raum für intensivere und ausführlichere Artikel. Ich schicke Ihnen gerne ein kostenloses Probeexemplar zu. Und ich freue mich über jedes gebuchte Abo, mit dem die kontinuierliche Erscheinung gesichert wird.

Dienstag, 3. März 2015

Politik im Theater!?

(Bremen) Wenn Karikaturisten in Paris brutalen Terroranschlägen zum Opfer fallen, dann muss man als Künstler darüber nachdenken, wie das eigene Verhältnis mit der politischen Beteiligung in der Arbeit ist. Der Verein Stückwerk e.V. aus Bremen hatte zu einer Podiumsrunde „Was soll das? Theater in Zeiten von Charlie“ im Falstaff am Montag 2. März eingeladen. 

Nach einleitenden Texten von Michael Houellebecq - Die Unterwerfung, Tizia Koese - Granatapfelsplitter, Elfriede Jelinek - Ulrike Maria Stuart und einem CNN Beitrag mit Reza Aslan nahmen die Gäste Platz. Des Journalisten Andreas Schnell vom Stückwerk Bremen e.V. begrüßte Christoph Spehr von der Partei Die Linke, den Verleger Madjid Mohit vom Sujet Verlag, Katinka Deeke, Dramaturgin am Theater Bremen, von der bremer shakespeare company Renate Heitmann und den kulturpolitischen Sprecher der Bremer CDU, Claas Rohmeyer.

Madjid Mohit berichtetet darüber wie es ist, in einem fremden Land seinen Beruf auszuüben wenn man im Heimatland nicht geduldet ist. Katinka Deeke gab einen Einblick in das Schwerpunkt Thema „in transit?“. Nach der Inszenierung von Jelineks - Die Schutzbefohlenen ergab sich die Dringlichkeit Gesprächsrunden einzurichten und weitere Veranstaltungen zu organisieren. Dabei ging es darum, dass das Theater Bremen mit seinen Mitteln/Möglichkeiten Öffentlichkeit schaffen wollte. Deeke sagte dazu, dass Theater schon allein deswegen ein politischer Ort sei, weil sich Menschen dort versammeln, und Renate Heitmann fügte hinzu, es sei der Ort um Utopien zu entwickeln. Nachdem noch einige Allgemeinplätze ausgetauscht wurden rüttelte eine Stimme aus dem Publikum die Runde auf. Sie hätte das Gefühl das bisher mit einer gewissen Scham und Scheu über das Politische im Theater gesprochen würde. „Was ist das politische im Theater?“ Verschiedene Wortmeldungen: Es herrsche ein gesellschaftlicher Konsens darüber, man müsse sein Profil im Gegensatz zu Pegida und weiter rechts suchen; oder In den letzten (plusminus) 20 Jahren sei das Theater mehr reflektierend geworden, als dass man dort Utopien entworfen hätte; Auf der Bühne würde eine nicht enden wollende Auseinandersetzung geführt an Stelle Positionen zu beziehen. Es wurde beklagt, dass man nur schwer ein politisch interessiertes Publikum erreicht.


An diesem Abend wurden viele Fragen aufgeworfen. Und es entstand eine rege Diskussion zwischen Podium und dem zahlreich erschienen Publikum. Das Politische im Theater ist offensichtlich ein bewegendes Thema, dem Stückwerk Bremen im Falstaff einen Raum gab. Die nächste Veranstaltung des Vereins ist eine Szenische Lesung mit Texten von Friedhelm Kändler am Sonntag 29. März um 19:30. Termine