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Sonntag, 12. Mai 2013

Friedrich Hebbels Maria Magdalena in Bremerhaven


(Bremerhaven) Nahe an der noch nicht erfundenen Gattung „Hörspieltheater mit Symbol-und Zeichensprache“ hielt gestern Abend im Stadttheater Bremerhaven Thomas Oliver Niehaus´Maria Magdalene Premiere. Mit dem bürgerlichen Trauerspiel wurde zumindest der Bildungsauftrag, mit der in Deutschland als minderwertig geltenden Pädagogik, erfüllt.
Minimalkonsens - die Geschichte: Klara (Meret Mundwiler) hatte ersten Sex mit Leonhard (Andreas Möckel). Der wird aber erst von ihrem Vater Anton (Kai Krause) akzeptiert wenn er einen Job hat. Aber Leonhard ist viel mehr hinter der Mitgift her als hinter Klara. Als er erfährt, dass es gar keine Mitgift gibt, lässt er Klara fallen wie eine heiße Kartoffel. Mittlerweile hat er auch schon mit der Tochter des Bürgermeisters eine lohnenswertere Partie am Haken. Antons Sohn Karl (Martin Bringmann) wird falsch verdächtigt Juwelen gestohlen zu haben. Als der Haftbefehl vollstreckt wird, erleidet die Mutter (Isabel Zeumer) einen Herzstillstand und stirbt. Anton ist mächtig enttäuscht. Sohn ein Lump?! Frau Tod?! Freier verpisst sich?! Alle Hoffnung liegt nun auf der Tochter, sie solle ihrem Vater nur ja keine Schande machen. (Doch wir wissen was er nicht weis; sie ist schon schwanger) Doch er verlangt dass sie in die Hand der sterbenden Mutter schwöre, sie werde ihm keine Schade bringen. Klara, in aufrichtiger Loyalität, ist zerrissen zwischen Vater (der widerum schwor sich zu töten falls sie Schande über ihn brächte), Friedrich (Walter Schmuck), (Den Burschen den sie wirklich liebt) und Leonhard (welcher ihre Ehre retten könnte) der sie doch heiraten möge nach dem sich zeigte, dass Karl unschuldig am Juwelenverlust ist. 
Klara ist die einzige die kein eigenes Leben hat. Sie ist nur der Katalysator für die Erfüllung der Leben der Männer, einer Spezies die so unselbständig ist, das sie ohne die Stütze durch christlichen Glauben und der durch Heirat verpflichteten häuslichen Küchenhilfe nicht existieren kann.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Klaras Bitte an Leonhard wird mit aller Härte abgelehnt. Friedrich stellt Leonhard zum Duell. Und Karl will nach der U-Haft nun zur See fahren und dort sein Glück, und vor allem die Befreiung vom väterlichen Elternhaus suchen. Am Ende verliert der Patriarch alles. Hebbel war eben auf seine Art schon ein fortschrittlicher Geist (UA 1846).
Minimalbewegung und Zeichengeunkel: Sprechtheater muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Schauspieler sich nicht bewegen dürfen. Es bedeutet vielmehr, dass sie durch die Bewegung ihres Körpers eine Kommunikation üben die dem gesprochenen Wort einen Sinn gibt der weit über das Wort selbst hinaus geht. Durch das Spiel der Mimen werden mehr als nur der Gehörsinn an der Wahrnehmung beteiligt. Doch das ist hier nicht gegeben. Allein Kai Krause versteht es mit Bravour dem Wort eine Bedeutung beizugeben. Auch er ist in seinem Bewegungsstil ganz ruhig, schreitet mit wenigen Schritten über die Bühne macht mal hier und da eine Drehung, alles abgesprochen, abgezählt und auf den Punkt genau. Doch Krause fügt eine sehr wichtige Sache hinzu: Er lässt die Worte wie einen lebenswichtigen Atem durch seinen Körper wandern, und wenn sie die Lippen verlassen spürt man jede Regung die dieser Atem im Vater bewirkte. Krause kommuniziert mit mehr als einem Sinn. Er macht uns im Theatersessel betroffen, wir fühlen mit ihm. Warum sehen wir das nicht bei Meret Mundwiler in der Verkörperung der Klara? Klara ist die Heldin dieses Schauspiels!
Man darf nun nicht davon ausgehen das sich nichts auf der Bühne bewegt. Keineswegs. Da ist eine organisierte Dynamik zu erkennen. Das Bühnenbild hauptsächlich bestehend aus einem Baugerüst (was mag das wohl bedeuten?) wird beklettert - rauf und runter. Warum??? Vielleicht um dem Auge des Betrachters etwas Bewegung anzubieten - damit er nicht einschlafen möge? Dynamik durch Spannung tritt auch auf: Klara fällt bei einem ihrer Gänge fast von der Treppe weil Andreas Möckel ihr keinen Platz ließ. Ein Schreckens „Ach!!!“ ging durchs Publikum. Sind das die Methoden um ein Publikum bei der Stange zu halten? Oder ist es die Zeichen- oder Symbolsprache die allerorten erscheint? Z.B. Oben am Gerüst ist ein Richtkranz, oh was mag das bedeuten,? Auf dem Gerüst oben links ist ein blauflackerndes Licht, uuh ein technischer Defekt oder Mystik? Der weiße Gehrock von Leonhard ist ganz verstaubt auf einer Seite, ist das Dreck auf seiner Weste? Der Gerichtsdiener tritt mit E-Gitarre auf, was bedeutet das nun schon wieder? Die Tote Mutter tritt auf und spricht sogar - aus dem Grab oder ins Gewissen - man weis es nicht. Wolfram, ein Mann, wird von Kika Schmitz dargestellt, ein Hinweis auf die weibliche Seite des (Neben)Charakters?
Der Bewegungsminimalismus wird so weit getrieben das nicht einmal eine Pause möglich ist. Hitchcook hat uns anderthalb Stunde zugestanden als Zeiteinheit für eine Blasenfüllung. Thomas Oliver Niehaus erweitert das auf satte zwei Stunden. Kein Wunder dass viele im Publikum auf die Uhr, aufs Handy schauten und auf den Sitzen zu rutschen begannen. Aber vielleicht war auch das nur ein Trick um die Zuschauer wach zu halten
Am Ende zollte das Publikum einen mässig langen Premieren-Applaus der deutlich und verdient anschwoll als Kai Krause und Meret Mundwiler sich verbeugten.

1 Kommentar:

  1. Werter H.,

    anscheinend waren Sie zu sehr mit Ihrer eigenen Blasenfüllung (Inkontinenz?!) beschäftigt, ansonsten hätten Sie wohl dem Stück genug Aufmerksamkeit geschenkt um Ihre Fragen, die dazu aufkamen, selbst zu beantworten. Schließlich soll das Theater keine Lösungen bieten, sondern Denkanstöße. Dies scheint auch durchaus gelungen, nur werden Ihre Gedanken und Fragen nicht zu Ende geführt, durchaus verständlich, wenn man diese mit den Gedanken an den nächsten Toilettengang verdrängt.

    Man kann Ihnen nur wünschen niemals Theaterstücke in größeren Städten wie Hamburg, Berlin oder München beiwohnen zu müssen, dies würde Ihre anatomischen Fähigkeiten wohlmöglich übersteigen! Das Frankfurter Stück "Krieg und Frieden", welches momentan auf dem 50ten Theatertreffen in Berlin gastiert, dauert ganze sechs Stunden. Es gibt zwei Pausen. Wahrscheinlich bräuchten Sie dazu noch eine Kuscheldecke und einen Proviantkorb? Oh, wie grausam ist die Kunst!

    Auch in punkto Bühnenbild und Kostüm zeigen sich Ihre diletantischen Provinzansichten. Warum warum warum, wer nicht fragt bleibt dumm. Oder schaltet eben seinen eigenen Kopf, oder gar, man wagt es nicht zu schreiben, FANTASIE, ein. Interpretationsspielräume gibt es viele und wie langweilig wäre es, würde das Theater jedes Detail beschreiben und vorkauen?

    Skandal, eine Frau spielt einen Mann! Gender Studies gibt es seit mehr als 40 Jahren, also auch hier gibt es zu hauff Gründe, warum Herr Niehaus sich dafür entschieden hat. Welche, liegen selbstverständlich im Sinn des Betrachters.

    Apropos Regisseur und Schauspieler, auch diese dürfen ein Stück und dessen Figuren so interpretieren, wie sie es verstanden haben oder sich von ihnen inspirieren lassen. So etwas nennt man dann Montage. Seien Sie also froh, dass Sie bei "Maria Magdalena" überhaupt Hebbel erkannt haben und das Stadttheater sich nicht auf allzu freie Flur begeben hat.

    Wenn Ihnen das Stück nicht zugesagt hat, dann ist das Ihre subjektive Meinung und natürlich völlig in Ordnung. Doch eine Kritik mit Fragen zu spicken, die nur Ihre eigene Inkompetenz, äh, -kontinenz, zeigen, ist einfach nur traurig.

    Dennoch wünsche ich Ihnen aus ganzem Herzen weiterhin viel Spaß und Aufregung (und viele, viele Pausen!) in den Theatern Bremerhavens und Umgebung. Vielleicht sagt Ihnen ja Ballett mehr zu, da wird sich viel bewegt und nicht gesprochen.

    Ansonsten, einfach mal aushalten H.!

    Hochachtungsvoll,

    B.

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