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Dienstag, 30. Oktober 2012

„Natural Selektion“ Gerwald Rockenschaub in Otterndorf


(Otterndorf) Das „Museum gegenstandsfreier Kunst“ zeigt unter dem Titel Natural Selektion Werke von Gerwald Rockenschaub. Die Ausstellungderöffnung ist am 3. November 2012 um 19:00. Eine Einführung wird von Dr. Sven Beckstette, Berlin gehalten. Am Sonntag den 4. 11. gibt es dann eine Künstlermatinee um 11.00 Uhr.

Der Österreicher Gerwald Rockenschaub ist seit Mitte der 80er Jahre eine Schlüsselfigur in der europäischen Kunstszene. Anfänglich war er in der Neo-Geo Bewegung eingeordnet. Doch dann konzentrierte sich seine Kunst auf die Ausstellungsorte und deren Architektur. Seine aus synthetischen Industriematerialien gefertigten Werke, die teilweise raumfüllende Dimensionen annehmen können, bewegen sich zwischen Pop- und Technoästhetik. Sie reflektieren die zeitgenössische Mode, Lifestyle, aber auch die triviale Layout-Kultur.

Die Ausstellung kann bis zum 13. Januar 2013 besucht werden. Öffnungszeiten sind Di.- Fr. 10:00 bis 13:00 und 25:00 bis 18:00 Uhr, sowie Sa.-So. und Feiertags von 15:00 bis 18:00 Uhr. Führungen sind nach telefonischer Anmeldung möglich. www.mgk-otterndorf.de 

Donnerstag, 25. Oktober 2012

5000 Jahre Schulden von David Graeber


(Wanna) Es ist das wichtigste Buch in dieser Zeit. Die Gier nach Macht und Geld ist auf zu wenige Menschen reduziert. Die Bedeutung was Schulden sind und wer sie zu tragen hat ist nicht so leicht zu ermessen. David Graeber hat ein Grundlagenwerk vorgelegt mit dem ein fundamentaler Einblick in die Natur des Geldes und der damit zusammen hängenden Konsequenzen gelingt. Auf 410 Seiten Text, 65 Seiten Anmerkungen, 48 Seiten Bibliografie und 11 Seiten Sachregister blättert er die Geschichte unserer Zahlungsarten auf.

Ohne jemanden anzuklagen und sozusagen an den Schuldpranger zu stellen, schreibt Graeber in verständlicher Sachlichkeit. Dem Leser ist es überlassen Verbindungen zur aktuellen Situation herzustellen. Anschaulich berichtet er als Anthropologe was Schulden vor 5000 Jahren, in Form der ersten Kredite, bedeuteten und wie der Wandel über die Jahrtausende, über Sklavenhandel, über die Entstehung von Märkten, über Prostitution, über die verschiedenen Währungen von Kaurimuscheln bis zur Inhaberschuldverschreibung statt fand.

Schulden waren und sind noch ein Parameter wie wir Menschen uns untereinander organisieren, jenseits von Politik und Religion. Wenn es um Geld und Schulden geht, dann schwingt auch immer die Lüge mit. Z.B. schreiben alle Wirtschaftslehrbücher von Tauschhandel als Vorstufe zum Geld. Doch das ist nur ein Mythos.

David Graeber hat kürzlich auch „Occupy Wallstreet“ geschrieben. Mit diesen beiden Büchern reflektiert er über die wesentlichen Themen die weltweit den Alltag bestimmen. Als bekennender gewaltfreier Anarchist gibt er auf einfache Weise einen Einblick in das kompliziert-komplexe Geldwesen. Hätten Merkel, Schäuble und weitere Politiker dieses Buch gelesen und verstanden, dann hätte es keines ESM bedurft, Griechenland wäre schuldenfrei und wir hätten wahrscheinlich schon ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“.

David Graeber - Schulden die ersten 5000 Jahre verlegt bei www.klett-cotta.de 
536 Seiten, gebunden, für 26,95€  ISBN 978-3-608-94767-0

Dienstag, 23. Oktober 2012

Vielfalt durch Interkultur - 4. Bundesfachkongress in Hamburg


(Hamburg) In den U.S.A. wird kein Kühlschrank hergestellt. Fussbälle werden in Kinderarbeit genäht und weltweit verkauft. Die Wirtschaftskontakte mit China sind der deutschen Regierung wichtiger als die Einhaltung der Menschenrechte im fernen östlichen Staat. Wenn es um Profit geht ist die Welt ein Volk. Doch wo ist die starke Staatengemeinschaft wenn es um die Menschen geht? Menschen die vor Repressalien flüchten, oder die sich einen ökonomischen Erfolg woanders erhoffen als da wo ihre Heimat ist. Aus unzähligen Gründen entscheiden sich viele Erdbewohner, auch Bürger der BRD, ihre Heimat zu verlassen, um an einem anderen Fleck auf der Welt ihr Glück zu finden. Mit Flugzeugen, Schiffen, Zügen oder Autos, Booten und zu Fuss kann man schnell und leicht große Strecken auf dem Erdball zurücklegen. Informationen und Erfahrungsberichte gelangen mittels Internet in Sekunden von einem Ort zum anderen. Noch nie war es so einfach seinen angestammten Platz/Geburtsort zu verlassen.

Jede Nation und jede Kultur birgt einen unermesslichen Schatz an lokalem Wissen, der auf die eine oder andere Art der gesamten Menschheit von Nutzen sein kann. Es wird immer deutlicher dass die gesamte Menschheit im Mittelpunkt des Interesses steht, und nicht die wirtschaftlichen von wenigen Großkonzernen. Seit 2008 wissen wir das die globale Wirtschaft oder der Kapitalismus als System oder Gesellschaftsordnung untauglich ist, weil die Gesellschaft, oder die Bevölkerung wie stumme Statisten vernachlässigt werden. Die Geschichte zeigte uns, dass Grenzen zwischen Nationen und Kulturen zu keiner Synergie, Kooperation, Miteinander führte, sondern zu Neid, Krieg, Tod und Leid. Gleichzeitig gibt es eine Fülle von Beispielen in denen die Grenzen überwunden wurden und damit Frieden, Prosperität und besserer Lebensqualität entstand.

Ab morgen findet zum ersten Mal in Hamburg der 4. Bundesfachkongress Interkultur statt. Unter dem Titel „Divercity - Realitäten, Konzepte, Visionen“ treffen sich auf Kampnagel, Bürgerhaus Wilhelmsburg und der Freien Akademie der Künste bis zum 26. Oktober über 350 internationale Gäste, Wissenschaftler, Künstler, Politiker, Pädagogen, Medienmacher und Kulturveranstalter. Der Kongress ist eine zivilgesellschaftliche Initiative an dessen Gestaltung viele Akteure, Vereine, Künstler, Kulturhäuser und Behörden mitwirken. Ein umfangreiches Kulturprogramm begleitet die Kongressthemen in Kooperation mit dem interkulturellen Festival „eigenarten“. Das umfangreiche Programm kann man mit diesem Link einsehen: www.bundesfachkongress-interkultur-2012.de 

Montag, 22. Oktober 2012

Der Witz der Woche


(Wanna) Das Bremerhavener Sonntagsjournal gibt in seiner Ausgabe vom 21.10.2012 eine Steilvorlage für den Schenkelklopfer der Woche. Auf Seite 16 werden dort „Stadtflitzer“ vorgestellt. Die kleinen spritzigen Gefährte von Hyundai und Peugeot bekommen einen Lobgesang auf einer Anzeigen-Sonderthema Seite. So richtig klar wird es allerdings nicht, ob hier ein redaktioneller Beitrag abgedruckt ist, oder ob es sich um eine Werbung handelt.

Der Gag aber ist die Bezeichnung „Stadtflitzer“. Um die ganze Weite der Lächerlichkeit nach voll ziehen zu können muss man wissen wie in der Seestadt der Verkehr geregelt wird. Stichwort Ampelschaltung: So etwas wie eine grüne Welle ist ein absoluter Glückstreffer. Man darf schon froh sein wenn man drei Ampeln nacheinander bei Grün schafft. Das ist besonders ärgerlich im Berufsverkehr. Denn das Verkehrsaufkommen in der Stadt ist wohl ehr als marginal zu bezeichnen. Durch die enorme Anzahl von Ampeln, die noch dazu fast immer auf Rot stehen oder schalten, blockieren den Fluss derart, dass man das Gefühl bekommt in einer überfüllten Metropole wie New York oder Rom zu fahren.  Bremerhaven hat freundlich geschätzte 150.000 Einwohner, von denen ein Großteil nicht in der Lage ist sich ein Fahrzeug zu leisten.  Doch von flitzen kann keine Rede sein. Wenn man Nachts durch die Stadt fährt wird das Ausmass der Verkehrsblockierung erst richtig bemerkbar. Vereinzelte Fahrzeuge schleppen sich schwermütig von Ampel zu Ampel und auf der Straße keine Menschenseele. Doch hin und wieder taucht schon Mal ein entfesselter Raser auf der mit Tempo 70/80 km/h eine rote Ampelphase zu überspringen versucht. Todesmutig schafft er es und schafft so gar eine fünfte oder gar sechste Regellaterne.

Doch der größte Lacher ist die selbstlernende Ampelanlage in der Ortseinfahrt von Süden: Bohmsiel. Hier ist in der Nacht gar kein Verkehr festzustellen, wäre die Ampel ausgeschaltet. Doch sie regelt lustig und unverdrossen. Und tagsüber könnte man dort kaum noch ins Stocken geraten, wenn auf der geräumigen Kreuzung an Stelle der Ampel ein Kreisverkehr eingerichtet wäre. 

Die Anzeigen-Sonderthema Seite im Sonntagsjournal kann nur als blanker Sarkasmus bezeichnet werden. Man möchte eigentlich nur gerne wissen wer sich schadenfroh die Lefzen wetzt und sich an dem Groll der Autofahrer selbst befriedigt. Vielleicht handelt es sich aber nur um das zwanghafte Denken eines verkniffenen Beamten der unter Kontrollzwang alles nur erdenkliche unternimmt um den Fluss des Lebens um jeden Preis zu stoppen. Oder sollte eine Verschwörung dahinter stecken: Erdölindustrie beeinflusst Ampelschaltung damit mehr Sprit verbraucht wird??? Man weis es nicht, man wird´s auch nie erfahren.

Viel Spass beim Ampelhopping durch die Seestadt Bremerhaven. (Auch mit Stadtflitzer)

Samstag, 13. Oktober 2012

Eva Lange wird neue Oberspielleiterin der Landesbühne


Eva Lange © LNN
(Wilhelmshaven) (LNN-Pressemeldung) Das neue Leitungsteam der Landesbühne Niedersachsen Nord ab der Spielzeit 2013/2014 nimmt Formen an. Der designierte Intendant Olaf Strieb gab jetzt bekannt, dass die neue Oberspielleiterin und damit seine direkte Nachfolgerin auf dieser Position die Regisseurin Eva Lange wird.

Die 39-jährige gebürtige Delmenhorsterin hat in Göttingen studiert, ging 2002 als Regieassistentin an das Theater Oberhausen und gewann bereits mit einer ihrer ersten Regiearbeiten, „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun, den Oberhausener Theaterpreis. Rund 30 Inszenierungen folgten bis heute, u.a. am Theater Chemnitz, an den Städtischen Bühnen Münster, am Theater der Altmark Stendal, an den Wuppertaler Bühnen und am Staatstheater Kassel.
An der Landesbühne arbeitet Lange bereits seit 2006 („Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“) und führt zur Zeit bei Schillers „Räuber“ zum 11. Mal Regie in Wilhelmshaven. Ihr großes Interesse gilt im Besonderen neuen Theatertexten und modernen Klassikern, wie sie u.a. mit „Andorra“ von Max Frisch, „Ein Blick von der Brücke“ von Arthur Miller, „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder, „Die Ermittlung“ von Peter Weiss und im Januar 2012 mit der Uraufführung „Bilal – Leben und Sterben als Illegaler“ nach Fabrizio Gatti unter Beweis gestellt hat. 
Eva Lange arbeitet seit sieben Jahren als freie Regisseurin und wird ab August 2013 erst einmal für zwei Jahre fest an die Landesbühne wechseln. „Wir haben ein junges und junggebliebenes Team auf und hinter der Bühne,“ so Lange, „ und unsere Aufgabe ist es, weiterhin spannendes, mutiges, hochwertiges Theater für den Norden zu machen.“
Der designierte Intendant Olaf Strieb freut sich, dass ihm Eva Lange zugesagt hat: „Sie ist eine bundesweit gefragte Regisseurin. Ich bin begeistert, dass sie sich an uns bindet und viele tolle Ideen für unsere Zusammenarbeit im Gepäck hat.“

Freitag, 12. Oktober 2012

Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930


(Bremerhaven/Berlin) (DAH-Pressemeldung) – Millionen Mädchen und junge Frauen aus Europa verlassen in den Jahren um 1900 ihre Heimat: Sie reisen aus Hessen nach Kalifornien, aus Russland nach New York oder aus Galizien nach Buenos Aires, um dort ihr Glück und eine neue Existenz zu suchen. Für Zehntausende von ihnen führt der Weg in die Prostitution. Mit der gemeinsamen Ausstellung „Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930“ widmen sich die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und das Deutsche Auswanderhaus Bremerhaven einem bislang ungeschriebenen und weitgehend unbekannten Kapitel der europäischen Massenauswanderung. Während die Ausstellung in Berlin den Blick auf die Herkunftsorte der jungen Frauen richtet, legt Bremerhaven den Schwerpunkt auf die Emigration und Zielländer. 

„Der Gelbe Schein“, ein umgangssprachlicher Ausdruck für den Prostituierten-Ausweis im vorrevolutionären Russland, ist ein Symbol für die Zwangslage vieler junger Frauen in jener Zeit: Ein Umzug vom Shtetl in Städte wie Moskau oder St. Petersburg war Jüdinnen in Russland offiziell nur erlaubt, wenn sie sich als Prostituierte registrieren ließen. Auch in Österreich-Ungarn und im Deutschen Reich wurde die Suche nach einer neuen Existenzmöglichkeit für junge Mädchen aus den ärmeren Bevölkerungsschichten oft zur riskanten Gratwanderung. Denn junge Frauen aus Europa waren im Sexgewerbe in der Neuen Welt begehrt: Sie glichen den akuten Männerüberschuss aus. Viele Freier bevorzugten zudem Prostituierte aus ihren Herkunftsländern. 

Sophia Chamys’ Leidensweg beginnt im Alter von 13 Jahren: In Warschau erlaubt ihr Vater einem fremden Herrn, Sophia als Hausmädchen zu engagieren. Isaak Boorosky zwingt sie kurz darauf zur Prostitution und schickt sie nach Buenos Aires – ihr Weg führte über Bremerhaven. Im Alter von 15 Jahren kehrt sie hochschwanger nach Europa zurück. Meta Stecher ist 15 Jahre alt, als sie im April 1913 erschöpft und verwahrlost in einem Kinematographentheater in New York aufgefunden wird. Als achtes Kind eines Gastwirts kommt Meta Stecher 1897 in Scharmbeck zur Welt. Nachdem ihre Mutter verstirbt, heiratet ihr Vater ein zweites Mal und zieht nach Geestemünde bei Bremerhaven, in die Leher Chaussee 94. Mehrere Schwestern wandern zu Beginn des 20. 
Jahrhunderts nach Amerika aus. Meta folgt ihnen 1911. Ihr Vater Fritz Stecher hat die Reise erlaubt und bezahlt. Ganz alleine fährt sie in einer Kabine zweiter Klasse mit der „SS Prinz Friedrich Wilhelm“ nach New York. Sie tritt eine Stelle als Dienstmädchen an, wird entlassen, muss auf der Straße schlafen – und gerät in die Gewalt von Männern, die sie einsperren, vergewaltigen und zur Prostitution zwingen. Paula Waismann wird 1925 in Danzig gemeinsam mit einem Mann namens Schulem Babki festgenommen: Er hatte der 19-Jährigen versprochen, sie zu heiraten und nach Paris zu bringen. Aber in ihrem gefälschten Pass findet sich ein Visum nach Mexiko. Dort sollte sie wohl an ein Bordell verkauft werden. 

So wie diesen drei jungen Frauen ergeht es Zehntausenden, die zwischen 1860 und 1930 auch via Bremerhaven oder Hamburg in die Neue Welt fahren. Mit Gewalt verschleppt, mit märchenhaften Versprechen verführt oder aus freien Stücken? Die Diskussion darüber wurde schon damals vehement geführt.  

Im Zentrum beider Ausstellungen, in Berlin wie in Bremerhaven gleichermaßen, stehen die Schicksale von „allein reisenden Mädchen“ – und die Geschichten der Männer und Frauen, die mit ihnen Geld verdienten. Ihr Leben hat oft nur wenige Spuren hinterlassen: ein Foto, ein Polizeiprotokoll, eine Zeitungsnotiz, einen Brief. In jahrelangen Recherchen hat das Ausstellungsteam um die Kuratorin Irene Stratenwerth in Archiven in Berlin, Bremen und 
Hamburg, in Genf, Wien, Czernowitz, Odessa und Buenos Aires nach solchen Lebenszeugnissen gesucht. Die berührende Schau – gestaltet und eingerichtet von Studio Andreas Heller, Architects und Designers in Hamburg – macht die Hoffnungen, Sehnsüchte und Illusionen derjenigen spürbar, die zum Aufbruch in die Neue Welt nur eine einzige Möglichkeit hatten: ihren eigenen Körper zu verkaufen. Mit Bildern, Texten, Landkarten, Briefen und Audiodokumenten – unter anderem gesprochen von dem Schauspieler Peter Lohmeyer – gelingt eine Annäherung an die Lebensschicksale der „allein auswandernden Mädchen“. Auch unternahm der Filmemacher 
Ciro Cappellari eine Spurensuche in Buenos Aires, Rosario, Lemberg und Odessa, aus der eine Videoinstallation entstanden ist. 

Die Ausstellung läuft zeitgleich in Bremerhaven und Berlin, um die räumliche und zeitliche Dimension des Themas Mädchenhandel zu verdeutlichen. Jeder Ausstellungsort schafft eine eigene Atmosphäre: In Berlin steht sie auf der ehemaligen Frauenempore der Synagoge an einem ehemals religiösen Ort. In Bremerhaven, dem einst größten Auswandererhafen des europäischen Festlandes, spürt man das Meer und den Aufbruch und ahnt, dass Hoffnungen sich nicht immer erfüllten. 

Das Projekt wurde durch die Kulturstiftung des Bundes gefördert. Im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven wurde die Ausstellung am 26. August 2012 eröffnet. Bereits seit dem 19. August 2012 wird die Schau im Centrum Judaicum Berlin im Rahmen und mit Unterstützung der Jüdischen Kulturtage gezeigt. Der Begleitband „Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930“ ist in der 
„edition DAH“, der Schriftenreihe des Deutschen Auswandererhauses, erschienen und kostet 14,80 Euro (ISBN 978-3-00-0388019). 

Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven: 27.08.2012 – 28.02.2013 
Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum: 19.08.2012 – 30.12.2012 

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ratgeber Kreativität


(Wanna) Der Begriff „Kreativität“ erduldet einen inflationären Gebrauch. Vom niederschwelligem VHS-Einsteigerkurs bis zur wissenschaftlichen Hirnforschung erstreckt sich die Anwendung. Doch was ist tatsächlich kreativ? Angenommen es sei die Fähigkeit aus sich selbst heraus zu schöpfen, mit eigenem Können etwas Gediegenes in diese Welt zu bringen. Und wenn dieses Gediegene dann auch noch erfolgreich ankommt, wenn man zum eigenen Wohlbefinden auch noch die Bestätigung seiner Mitmenschen bekommt, hat man dann aus dem Pool der Kreativen getrunken? So breit gefächert der Begriff benutzt wird, so vielfältig ist das Angebot von Ratgebern die scheinbar den Weg zu echter Kreativität ebnen sollen. Viele dieser Bücher konnte ich bisher nur eine schwache Glaubwürdigkeit abgewinnen. Nur wenige Autoren haben das Wissen und/oder den Mut eine wirklich neue Sichtweise auf die menschlichen Resourcen zu weisen. Stefan Hölscher gehört mit seinem Buch „Leben mit Drive“ auf jeden Fall zu diesen wenigen.

Die Entfaltung von Kreativität, Kraft, Leistung und Lust, steht da im Untertitel. Stefan Hölscher ist Dr. phil., Dipl.-Psych., M.A. und arbeitet als Managementberater, Trainer und Coach für internationale Großunternehmen und Organisationen. Seine Schwerpunkte liegen in der Persönlichkeitsentwicklung, Selbstmanagement, Führung, Gesundheits- und Konfliktmanagement. Obwohl er sich also offensichtlich in der höher dotierten Wirtschaft tumelt ist das Buch nicht nur für Besserverdiener. Vielmehr ist es eine Perle unter den Ratgebern.

Wenn man die vier Kapitel-Titel liest kann man noch nicht den besonderen Wert erkennen der sich auf 166 Seiten darlegt: 1. Schätze, was da ist; 2. Wisse, was du brauchst; 3. Nutze, was du kannst; 4. Sieh, was du tust. Hölscher lenkt die Leser auf die Aufmerksamkeit alles um sich herum wahr zu nehmen. Dabei rät er zunächst von Bewertungen abzusehen. Mit Bewertungen legen wir die Zukunft fest. Und unsere Bewertungen beruhen auf unsere Erfahrungen. Damit wäre aber der Teufelskreis des Unveränderlichen zementiert. Lassen wir aber die Umwelt auf uns wirken, und nehmen wir diese Einwirkungen als inspirative Informationen wahr, dann haben wir eine Chance unser Leben auf neue, unbekannte Wege zu bringen.

Im zweiten Kapitel findet eine Art Check-up statt. In welchem Verhältnis stehen wir zur Umwelt? Was tragen wir zu dem bei, was uns passiert? Hier ist man aufgefordert eine offene Sichtweise zu üben, ohne sich zu verurteilen. Es geht darum seine Bedürfnisse realistisch zu erkennen und zu benennen. In den nächsten Kapiteln geht es dann zur praktischen Anwendung.

Stefan Hölschers Buch kommt ohne Worte wie „Affirmation“ aus, es ist gänzlich frei von pseudo-esoterischen Aufbausprüchen. Und obwohl er nichts von Affirmationen schreibt zeigt er einen Weg wie man sich auf seine eigenen Fähigkeiten besinnen und aus diesen Fähigkeiten eine starke transformative Kraft entwickeln kann. Hölscher hat es geschafft die Struktur von kreativem Handeln zu beschreiben, ohne Anweisungen nach dem Motto Malen-nach-Zahlen zu kolportieren. Seine sachlich klare Sprache befähigt den Leser selbst praktische Wege zu ergreifen, um sein Leben mit Drive zu bereichern. Es wird sicher nicht verwundern das „Leben mit Drive“ in einem Punkt mit allen Ratgebern gleich bleibt: Es liegt immer am Leser selbst damit der Rat ihm etwas gibt. „Akzeptanz des Gegebenen und aktive Gestaltungskraft, in genau dieser Kombination liegt der Schlüssel für Drive.“

Stefan Hölscher - „Leben mit Drive“ ist im Jungfermann Verlag GmbH erschienen ISBN 978-3-87387-792-4, Broschur 166 S. für 17,90€

Montag, 8. Oktober 2012

Torben Schumacher wird neuer Verwaltungsdirektor der Landesbühne


(Wilhelmshaven) Torben Schumacher, Pressesprecher und Marketingleiter, wird neuer Verwaltungsdirektor der Landesbühne Niedersachsen Nord. Derzeitige Verwaltungsdirektor Hans-Wilhelm Berner verabschiedet sich mit Ablauf dieser Spielzeit in den Ruhestand. In den 15 Jahren seiner Amtszeit hat er zusammen mit Intendant Gerhard Hess Jahre der Etatdeckelung und stetiger Kostensteigerungen durch gutes Wirtschaften das Theater auf Kurs gehalten und kann es mit einer ausgeglichenen Bilanz übergeben. 
Torben Schumacher
Sein Nachfolger Torben Schumacher (34) kennt die Landesbühne seit seiner Schulzeit am Mariengymnasium Jever und begann seine professionelle Theaterlaufbahn 1998 als Zivildienstleistender beim damaligen Jungen Theater. Nach weiteren zwei Jahren Regieassistenz an der Landesbühne ging er zum Studium der Germanistik und Medienwissenschaften nach Düsseldorf an die Heinrich-Heine-Universität, das er als Magister abschloss. Zur Spielzeit 2006/2007 kehrte Schumacher an die Küste zurück, um in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der Betreuung der Spielorte der Landesbühne zu arbeiten. Bereits im Januar 2010 hat Intendant Gerhard Hess dem damaligen Landesbühnen-Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Theuerkauf Torben Schumacher als seinen neuen Verwaltungsdirektor vorgestellt. Seitdem läuft für den gebürtigen Friesen neben dem Tagesgeschäft bereits die Einarbeitungsphase für den neuen Tätigkeitsbereich.
Ab August 2013 wird Schumacher dann endgültig zusammen mit dem designierten Intendanten Olaf Strieb die Geschicke des angesehenen Theaters für die nächsten fünf Jahre lenken. „Das Haus ist sehr gut aufgestellt und die Neuen werden ganz sicher kontinuierlich unsere Vorstellungen von Theater ausbauen und auch neue Dinge bewegen“, schaut Intendant Hess optimistisch in die Zukunft.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Dirk Laucke "Cargonauten" – Erzähltheater - mehr erzähl als Theater


(Bremerhaven) Ein Stück für Bremerhaven sollte „Cargonauten“ von Dirk Laucke sein. Ein wortgewaltiges Etwas ist es geworden. Ob sich die Bremerhavener damit zurecht finden bleibt abzuwarten. Über zwei Jahre Recherche stecken in dem Stück. Die Schauspieler sind mit vollem Einsatz bei der Arbeit um dem Textgeröll ein Hauch Leben  einzuimpfen.

Bei allen Anstrengungen die in der Theaterszene geleistet werden um neue Formen zu finden, scheint ausgerechnet eine Sache ausgeschlossen: Das Schauspiel. Kaum eine Inszenierung kommt noch ohne Video-Installation, überragende Bühnentechnik, high-tech Sound- und/oder Lichtkreationen aus. Die Schauspieler, welche Jahre damit verbracht haben die Kunst, oder zumindest das Handwerk, der Darstellung, der Handlung zu lernen, werden verkümmert auf der Bühne zurück gelassen als Sprechblase. Da freut es dem mitfühlenden Zuschauer wenn eine Schauspielerin wie Meret Mundwiler ihren Charakteren mutig eine Seele verleiht. Wenn sie als Prudence via Skype über 10.000 Kilometer kommuniziert, dann kreiert sie eine ungreifbare Entfernung und die Zeit der Trennung zum Gesprächspartner, die nicht transportablen Gefühle wegen der virtuellen Distanz/Unverbindlichkeit, eben die Welt der unverbindlichen Computerkommunikation. In der Rolle der Maaike hält sie die verschiedenen Ebenen der Erzählung und Handlung leicht und souverän in den Händen. Man wünscht sich der Text wäre mehr gestrichen, denn Mundwiler hat schon gespielt was noch gesagt wird.

Dirk Laucke mag den Kleistpreis sicher verdient bekommen haben. Für dieses Stück hätte er ihn sicher nicht bekommen. Zweieinhalb Jahre Recherche hat er aufgewendet. Doch in die Tiefen ist er nicht vorgedrungen. Breit ausgewalzt kommt die ehr dünne Geschichte daher, mit viel gequältem Witz. Da hatte „Der goldene Drache“ von Schimmelpfennig in der letzten Spielzeit mehr Biss. Ehr unbeholfen wird ein wenig Lokalkolorit eingestreut in dem ein Gebäude als Satzfüller auftaucht das die „einfältigen“(?) Bremerhavener mit einem „Ah, erkenne ich wieder!“ zollen können/dürfen. Der 68 Seiten starke Text wird ohne Pause in gut 100 Minuten runtergerasselt, als dürfte das Publikum keine Chance haben durchzuatmen. Prosaisch ausufernd wird z.B. von Möwen berichtet, wie sie hier und dahin fliegen; Passagen die man mit geschlossenen Augen besser verfolgen kann, voraus gesetzt man schläft nicht ein. Die ersten 30 Minuten herrschte verwirrtes oder beklommenes Schweigen. Hätte die Dramaturgin Natalie Driemeyer keine Einführung vor der Vorstellung gegeben, wären sicher die Ersten heimlich gegangen. Muss man vor der Aufführung erklären um was es geht? Sollte das nicht auf der Bühne selbstverständlich sein? Ist es wirklich zu viel verlangt, dass ein Autor sein Innerstes nach aussen kehrt und in seiner Recherche durch die Hölle wandert um eine bahnbrechende neue Erkenntnis für ein geneigtes Publikum zur Reflektion anzubieten? Cargonauten ist das drüber-weg-huschen über Themen die mit einer gehörigen Portion Respekt bedacht werden müssen. Nicht schön - nein, gar nicht schön, Herr Laucke.